In diesem Artikel stelle ich dir 10 Tipps für kreative Landschaftsfotos vor. Hier findest du neue Ideen und Aufnahmetechniken für deine Landschaftsfotografie! Frische Konzepte und Inspiration erwarten dich jenseits der allseits bekannten 08-15 Bildkomposition und dem Benutzen von Blende 8, wenn die Sonne lacht.
Einleitung & Motivation
Künstlerische Landschaftsfotografie
In der Landschaftsfotografie geht es darum, die Gefühle die du beim Betrachten einer Landschaft hast, in einem Foto festzuhalten und damit den Betrachtern deiner Bilder zu kommunizieren. Denn anders als bei der bloßen und nüchternen Dokumentation eines Ortes in Bildern, geht es bei der kunstvollen Landschaftsfotografie darum, deine Gefühle beim Fotografieren der Szenerie vor Ort in das Foto einfließen zu lassen.
Einstellungen: F/11, 1/8 Sekunden, ISO200 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 16-35mm + Polfilter
Wenn du nun also selbst kein seelenloser Stahlbolzen bist und tatsächlich vielleicht schon das ein oder andere Mal beim Anblick einer wunderschönen Landschaft Freudentränen in den Augen hattest, dann willst du dieses Gefühl sicherlich auch im Foto festhalten.
Emotionale Reaktion beim Betrachter
Das i-Tüpfelchen ist natürlich, wenn du es schaffst, eine ähnliche Reaktion beim Betrachter des Fotos hervorzurufen. Das gelingt dir aber sicher nicht mit emotionsloser Dokumentationsfotografie. Es genügt nicht, dass alle technischen Parameter, wie z.B. die Belichtung des Fotos, korrekt sind. Dazu folgend ein Zitat.
Die Tatsache, dass eine (im konventionellen Sinn) technisch fehlerhafte Fotografie gefühlsmäßig wirksamer sein kann als ein technisch fehlerloses Bild, wird auf jene schockierend wirken, die naiv genug sind, zu glauben, dass technische Perfektion den wahren Wert eines Fotos ausmacht.
Andreas Feininger
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte
Das Gefühl, nach einer früh morgendlichen Wanderung durch einen dunklen Wald und dem anstrengenden Kraxeln auf einen Berg, um dort allein auf den den Sonnenaufgang zu warten und diesen dann schließlich zu erleben und zu fotografieren, kann man nur sehr schwer in Worte fassen. Und an dieser Stelle kommt die künstlerische Fotografie ins Spiel. Sie kann ausdrücken, wozu Worte oft nicht in der Lage sind. Nicht umsonst gibt es das Sprichwort: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte„.
Das obige Bild habe ich an solch einem Sonnenaufgang in der Sächsischen Schweiz aufgenommen. Es war der dritte Versuch und diesmal hat das Wetter und der Nebel endlich mitgespielt. Das frühe Aufstehen und schweißtreibende Wandern im Dunkeln hatte sich mehr als gelohnt. Oben angekommen, war ich einfach überwältigt vom grandiosen Ausblick und von der Ruhe des Ortes und habe diese Gefühle beim Aufnehmen und Nachbearbeiten in das Foto einfließen lassen.
Die Entstehung des Fotos unterhalb und die genaue Geschichte hinter dem Bild kannst du ausführlich im Artikel Sonnenaufgang am Heringstein nachlesen.
Einstellungen: F/11, 1/25 Sekunden, ISO100 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 14-24mm + Polfilter
Los geht’s
Solltest du das nächste Mal selbst fünf Uhr morgens auf einem Berg stehen und vom sanften Licht der Morgensonne geküsst werden und hast deine Kamera dabei, dann gibt es die unterschiedlichsten Methoden, um diesen Gefühlen fotografisch Ausdruck zu verleihen. Meine persönlichen Top 10 dieser Ideen für kreative Landschaftsfotos stelle ich dir hier in diesem Artikel vor. Los geht’s.
Langzeitbelichtung
Als erstes möchte ich dir die Langzeitbelichtung vorstellen. Du fragst dich jetzt vielleicht, was ist überhaupt eine Langzeitbelichtung. Bei der Fotografie wird jedes Bild, was mehr als eine halbe Sekunde oder auch deutlich länger belichtet wird, als Langzeitbelichtung bezeichnet. Eine exakte Definition, ab welcher Belichtungszeit ein Foto als Langzeitbelichtung gilt, gibt es allerdings nicht. Das ist auch vollkommen egal. Wichtig ist die Wirkung auf das Bild, das dabei entsteht und welche Auswirkung diese Aufnahmetechnik auf das Motiv hat und es gegebenenfalls sogar in Aussehen und Wirkung verändert.
Diese Technik wird hauptsächlich in der künstlerischen Architektur- und Landschaftsfotografie (inkl. der Nachtfotografie) eingesetzt.
Motive – Welchen Look kannst du mit der LZB generieren
Mit diesen langen Verschlusszeiten kannst du, je nach Motiv und Wetterbedingungen, unterschiedlichste Effekte und Looks für deine Landschaftsfotos erreichen. In den meisten Fällen werden lange Belichtungszeiten in der Fotografie dafür benutzt Bewegungen zu visualisieren.
Bewegung von Wasser in Flüssen und Bächen
In der Natur ist ein häufiger Anwendungsfall das Fließen von Wasser sanfter darzustellen. Je nach Fließgeschwindigkeit eines Flusses oder Bachs kannst du die Verzeichnung der Stromschnellen kurz oder lang werden lassen. Dabei gilt, je länger die Belichtungszeit, umso größer wird auch die Weichzeichnung der Bewegung.
Beispiel 1: Fluss in der Böhmischen Schweiz
Einstellungen: F/8, 0.8 Sekunden, ISO64 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 16-35mm + Polfilter
Du musst also je nach Fließgeschwindigkeit des Wassers deine Belichtungszeit anpassen. Je nachdem, welchen Look du für dein Foto haben willst, musst du entsprechend länger oder kürzer belichten. Für das obige Bild habe ich durchschnittliche Werte benutzt, nichts außergewöhnliches. Das heißt soviel, wie nicht so kurz, dass ich es hätte aus der Hand fotografieren können, aber auch keine 30 Sekunden oder länger. Wie die drei Werte Blende, ISO und Verschlusszeit zusammenhängen habe ich in einem extra Artikel ausführlich erklärt.
Langzeitbelichtung bei Wind
🔎 Hinweis: Wenn es windig ist und du eine Langzeitbelichtung aufnehmen willst, kann es sein, dass zwar das Wasser während der Aufnahme weich gezeichnet wird, aber leider auch die Gräser und Blätter an den Bäumen unscharf werden. Um das zu umgehen, kannst du neben der Langzeitbelichtung, zusätzlich eine normale kurze Belichtung aufnehmen. Diese nimmst du dann als Ausgangsfoto bei der Nachbearbeitung des Fotos und legst die lange Belichtung in Photoshop einfach darüber. Dann legst du eine komplett schwarze Maske über diese Ebene (ALT bei Anlegen der Maske drücken, oder STRG + BACKSPACE im Nachhinein) und malst mit einem weichen Pinsel mit 100% Sichtbarkeit mit Weiß als Vordergrundfarbe die Bereiche sichtbar, die du aus der Langzeitbelichtung im Bild haben willst.
Beispiel 2: Wasserfall in Island
Einstellungen: F/11, 0.6 Sekunden, ISO100 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 14-24mm + Polfilter + Stativ
Das zweite Beispiel entstand im Norden von Island am berühmten Wasserfall der Götter, dem „Waterfall of the Gods“. Ich habe hier eine leicht kürzere Verschlusszeit benutzt, als im Beispiel oben. Trotzdem sieht das Wasser aus als, als wäre das Foto deutlich länger belichtet worden. Das kommt durch die viel schnellere Fließgeschwindigkeit des Wasser in diesem Fluss, verglichen mit dem Fluss in der Böhmischen Schweiz.
Du kannst also nicht stur irgendwelche fixen Werte benutzen, um den gewünschten Effekt für dein Foto zu erreichen, sondern musst immer auf die Gegebenheiten vor Ort achten und entsprechend reagieren.
🔎 Hinweis: Bei allen Aufnahmen vom Stativ, also nicht nur bei Langzeitbelichtungen, solltest du immer vorhandene Bildstabilisatoren am Objektiv und der Kamera deaktivieren. Diese sind nur hilfreich, wenn du aus der Hand fotografierst. Bei Aufnahmen vom Stativ können die Bilder bei aktiviertem Bildstabilisator unscharf werden.
Bewegung am Himmel
Genauso kannst du auch die Bewegung von Wolken am Himmel darstellen. Je nach Windstärke und Belichtungszeit kann das sehr surreal aussehen. Der Effekt ist natürlich am größten, wenn du dich genau entgegen der Richtung stellst und fotografierst, in der die Wolken ziehen.
Das Beispiel dazu: „Wie eine Kerze im Wind“
Einstellungen: F/8, 80 Sekunden, ISO100 | Ausrüstung: Canon 5D + Canon L 16-35mm + Polfilter
Um das Bild zu fotografieren wie du es jetzt siehst, war einiges an Vorbereitung nötig. Ich war mehrere Male im Vorfeld an diesem Ort. Primär einfach um draußen zu sein, aber auch um neue Fotospots in der Nähe zu erkunden. Als ich den Baumstumpf mit den Pflanzen darauf sah, kam mir die Idee zu genau diesem Bild.
Dafür sind aber schnell ziehende Wolken Richtung Osten nötig. Es hat dann nochmal ein paar Wochen gedauert, bis die Bedingungen so waren, wie ich es brauchte und das Foto schließlich von meinem Kopf endlich im Kasten war.
Ja, ich habe mich nicht vertippt. Das Bild wurde tagsüber 80 Sekunden lang belichtet, um genau diesen Effekt in den Wolken zu haben. Ich hätte auch eine scharfe Version der kleinen Sträucher im Vordergrund reinblenden können, aber wie der Titel schon sagt, ist das Absicht. Deiner Fantasie sind bei solchen Langzeitaufnahmen keine Grenzen gesetzt. Tobe dich mal richtig aus!
Verwendete Filter
🔎 Tipp: Um diese lange Belichtungszeit von über 1 Minute tagsüber zu erreichen, habe ich eine Kombination aus verschiedenen neutralen Graufiltern verwendet. Die Belichtungszeit wächst exponentiell, wenn du mehrere Filter wie den ND8, ND64 oder ND1000 kombinierst.
Küste & Meer
Wenn du an der Küste fotografierst, kannst du mit dieser Technik die Wellen im Meer komplett verschwinden und das Wasser glatt werden lassen, bis es wie ein ruhiger See aussieht. Eine Langzeitbelichtung mit angeschraubten Polfilter kann zudem die Farbintensität erhöhen. Der Polarisationsfilter erhöht auch den Kontrast und den Dynamikumfang. Er ist ein absolutes Muss für jeden Landschaftsfotografen. Ich habe ihn gefühlt 90% der Zeit am verwendeten Objektiv im Einsatz.
Die Farbintensität sollte sich allerdings bei neutralen Graufiltern nicht verändern. Leider haben aber die meisten Billig Produkte einen Magenta-Farbstich. Deshalb rate bei diesen Filtern vom Kauf von Billigware ab. So einen Farbstich bekommt man auch während der Nachbearbeitung nur sehr schlecht bis gar nicht wieder entfernt und er ist einfach sehr ärgerlich.
Beispiel 1: Komplette Glättung der Wellen am Meer
Einstellungen: F/8, 30 Sekunden, ISO200 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 16-35mm + Polfilter
Durch die lange Belichtung von 30 Sekunden sieht das Meer und die Brandung hier aus, als sei es ruhiger See an einem windstillen Sommerabend. Das bringt sehr viel Ruhe ins Bild. Die warmen Farbtöne tragen beim Betrachten zusätzlich zu einem harmonischen Gefühl bei.
🔎 Tipp: Bei Spiegelreflexkameras solltest du während mehr-sekündiger Belichtungen den Sucher der Kamera abdecken. Der Hintergrund ist, dass durch den Sucher ebenfalls Licht in die Kamera und auf den Sensor gelangen kann. Das spielt bei normalen Auslösungen meistens keine Rolle und ist unkritisch, da sich ja im Normalfall eins deiner Augen am Sucher befindet und ihn damit abdeckt. Bei Langzeitbelichtungen ist das aber nicht der Fall. Zum Abdecken kannst du einfach den Tragriemen bzw. Kameragurt dafür verwenden.
Beispiel 2: Leichte Weichzeichnung der Brandung
Einstellungen: F/8, 0.5 Sekunden, ISO200 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 16-35mm + Polfilter
Das Bild entstand zum Sonnenuntergang an der Ostseeküste an einem wilden, naturbelassenen Strand. Die Belichtungszeit ist mit einer halben Sekunde relativ kurz gehalten, um zu zeigen wie die Wellen sanft an den Strand fließen. Damit diese Belichtung auch technisch korrekt ist, habe ich bei konstanter Blende 8 (für die entsprechende Schärfe), den ISO Wert auf 200 erhöht.
💡 Bonus: Wie genau Blende, Verschlusszeit und ISO zusammenhängen habe ich im verlinkten Artikel für dich erklärt und auch wie du das Histogramm in Bezug auf die Belichtung lesen und interpretieren musst, habe ich einen extra Artikel mit Beispielen beschrieben.
Beispiel 3: Langzeitbelichtung zur Blauen Stunde am Meer
Einstellungen: F/5.6, 30 Sekunden, ISO64 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 16-35mm + Polfilter
Dieses Bild entstand an einem sehr ruhigen 1. Januar an der Ostseeküste. An diesem Tag herrschten dort geradezu mystische Wetterverhältnisse. Es war die ganze Zeit über neblig und vollkommen windstill an der Küste. Gegen Abend zur blauen Stunde spitze es sich zu und die Grenze zwischen Nebel und Meer verlief fließend am Horizont. Mit der Langzeitbelichtung von 30 Sekunden habe ich auch die letzten kleinen Wellen geglättet und so sieht es fast aus, als wäre die Buhne auf eine blaue Leinwand gemalt worden.
Lichtspuren in der Stadt
An dieser Stelle unternehme ich mit dir einen kleinen Exkurs in die Architekturfotografie. Auch in Stadtlandschaften sind Langzeitbelichtung für kreative Aufnahmen möglich. Es gibt auch hier unterschiedliche Effekte, die du damit erreichen kannst.
Zum Beispiel kannst du den Verkehr in der Stadt durch die Leuchtspuren der Autos, Busse und Straßenbahnen darstellen. Ein weiterer sehr spannender Effekt, wie ich persönlich finde, ist Menschen durch eine Langzeitbelichtung praktisch entfernen zu können.
Beispiel 1: Lichtspuren zur Blaue Stunde
Einstellungen: F/8, 1.0 Sekunde, ISO200, EV+0.33 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 14-24mm + Stativ
Das Bild zeigt den bekannten Augustusplatz in Leipzig, mit all seinem Verkehr von Straßenbahnen und Autos, ebenfalls zur blauen Stunde nach Sonnenuntergang. Zu sehen sind der MDR Tower, die Oper und das Kirchen ähnliche Gebäude der Universität Leipzig. Mit diesem sogenannten Timescape Bild möchte ich das vielfältige und hektische Treiben dieses Ortes zeigen. Das finale Bild setzt sich deshalb auch aus sieben Einzelbelichtungen mit nahezu identischen Einstellungen zusammen. Eine Grundbelichtung des Platzes, plus fünf Fotos für die Lichtspuren und eine zusätzliche Belichtung mit Blende F/22 für die Sterne an den Laternen.
Beispiel 2: Menschenleerer Bahnhof
Einstellungen: F/11, 3 Sekunden, ISO64, EV+0.67 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 14-24mm + Stativ
Dieses Bild vom Leuschner Platz in Leipzig, zeigt einen einfahrenden, sowie einen ausfahrenden Zug im menschenleeren Bahnhof. Man könnte auch meinen sie fahren beide einfach durch, ohne überhaupt anzuhalten. Für das Bild waren vier Aufnahmen nötig. Die Grundbelichtung des Bahnhofs, eine sehr lange Belichtung von jenseits der 30 Sekunden, um alle herumlaufenden Menschen komplett verschwinden zu lassen und jeweils eine für die Züge.
🔎 Tipp: Wenn du lange genug belichtest, kannst du praktisch jeden Platz in einer Stadt auf einem Foto menschenleer erscheinen lassen.
Wetter und Abstraktes
Mit Langzeitbelichtungen lässt sich aber noch mehr einfangen und darstellen. Zum Beispiel die fantastischen tanzenden Nordlichter (Aurora Borealis) am nördlichen Nachthimmel oder Blitze während eines Gewitters. Polarlichter gibt es zwar auch in der Antarktis, aber die meisten von uns kommen wohl eher auf der Nordhalbkugel in deren Genuss.
Beispiel 1: Nordlichter
Einstellungen: F/2.8, 15 Sekunden, ISO800 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 14-24mm + Stativ
Um die fallenden und tanzenden Nordlichter zu fotografieren braucht man meistens ebenfalls eine Langzeitbelichtung. Optimal ist es, wenn der Vordergrund zusätzlich sehr hell, oder beleuchtet ist, oder sich spiegelt, wie es bei Schneelandschaften und Wasseroberflächen der Fall ist. Die ideale Belichtungszeit hängt wie so oft vom Motiv selbst ab. Die Lichter „fallen“ und „tanzen“ mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Damit es nicht zu verwaschen aussieht sind Zeiten zwischen 4 und 20 Sekunden ratsam.
Am Ende musst du das vor Ort ausprobieren. Das obige Bild ist in einer einzigen 15 sekündigen Belichtung entstanden. Ich stand alleine mitten im Nirgendwo bei Eiseskälte und der ganze Himmel um mich herum war voll von tanzenden Lichtern in unterschiedlichen Farben. Ein absolut einzigartiges Erlebnis, dem ein einzelnes Foto nur sehr schwer auch nur ansatzweise gerecht werden kann.
Beispiel 2: Gewitter über Davos
Einstellungen: F/11, 30 Sekunden, ISO200 | Ausrüstung: Canon 5D MkII + Canon L 16-35mm + Polfilter
Das Bild des Blitzes entstand am ersten Abend einer einwöchigen Tour durch die Schweiz vom Dach unseres Hotels in Davos. Am Abend braute sich ein massives Alpengewitter zusammen und ich dachte, warum nicht mal mit der Kamera draufhalten. Da man ja nie genau weiß, wann genau denn wieder ein Blitz sich seinen Weg durch die Wolken sucht, muss man mit einer Langzeitbelichtung arbeiten und hoffen, dass man am Ende einen einfängt. In diesem Fall hat es mit einer Belichtungszeit von 30 Sekunden geklappt. Durch die lange Belichtung war auch gleich der Vordergrund des Bildes ausreichend hell, sodass hier nur eine Belichtung nötig war.
Beispiel 3: Geisterbild in einem Lost Place
Einstellungen: F/3.5, 1.5 Sekunden, ISO200 | Ausrüstung: Nikon D80 + 18-70mm Kit Objektiv + Stativ
Dieses Selbstportrait in einem Lost Place bei Köthen (Anhalt) entstand während meiner Studienzeit dort und zwar im Jahr 2007. Ich habe es mit dem Selbstauslöser an meiner ersten DSLR Kamera aufgenommen. Wie im Screenshot zu sehen ist, hatte ich die Nikon D80 am 26. Februar 2007 gekauft.
Rein technisch gesehen ist das Foto eine Langzeitbelichtung, aber der eigentliche „Trick“ bei der Aufnahme ist es, eine Belichtung mit der Person und eine ohne Person anzufertigen. Die mit Person habe ich dann in der Nachbearbeitung mit 30% Deckkraft auf einer eigenen Ebene wieder eingeblendet, um es wie eine Art Geist aussehen zu lassen. Genau so könntest du natürlich auch andere Objekte, wie beispielsweise Autos, halbdurchlässig im Bild einblenden und damit unterschiedliche Effekte erzielen.
Vorstellbar wären auch andere Varianten des Einblendens. Zum Beispiel könntest du die Person vom Kopf bis zu den Füßen hin, mit Hilfe des Verlaufswerkzeugs auf der Ebenenmaske, immer durchsichtiger werden lassen. Oder du blendest das Objekt / die Person nur punktuell wieder ein, oder lässt nur einzelne Teile (teilweise) sichtbar werden, oder was auch immer dir noch einfällt und irgendwie sinnvoll erscheint.
Zusammenfassung Langzeitbelichtung
Ich hoffe diese Beispiele und Anregungen geben dir einen Eindruck, welche Effekte und Looks du damit in unterschiedlichen Situationen erreichen kannst und inspirieren dich einfach mal raus zu gehen und ein paar neue Techniken auszuprobieren und mit dem neuen Wissen kreativ zu werden.
Neue Perspektiven
Am Boden – die Ameisenperspektive
Eine weitere Idee um deine Fotos ein wenig aufzupeppen, ist es neue Blickwinkel und Perspektiven auszuprobieren. Also nicht einfach wie immer das Stativ aus Gewohnheit voll ausfahren, aufstellen, die Kamera darauf positionieren und direkt wild drauf los fotografieren, sondern etwas bedachter vorgehen.
Einstellungen: F/8, 1/30 Sekunde, ISO400 | Ausrüstung: Canon 5D MkII + Zenitar Fisheye
Bei mir hat es sich über die Jahre bewährt, dass ich mir schon vor dem Aufbau des Stativs überlege, für welchen Bildausschnitt ich mich überhaupt entscheiden will.
Mein Vorgehen dabei ist, dass ich vor allem erst einmal in Ruhe ankomme, mir Zeit nehme und mich umsehe und den jeweiligen Ort auf mich wirken lasse. Dann laufe ich mit der Kamera in der Hand herum, lege mich manchmal sogar auf den Boden und suche mir genau den Bildausschnitt, den ich im Foto abbilden will.
Erst dann baue ich mein Stativ genau dort auf und stelle es auf die Höhe ein, die ich mir zuvor ausgeknobelt habe. Du wirst sehen, dadurch ergeben sich viel mehr Möglichkeiten und frische Perspektiven für deine Fotos.
Aus der Luft – die Vogelperspektive
Vor einigen Jahren hat sich mir durch die Drohnenfotografie noch einmal eine völlig neue Welt und eine zusätzliche Dimension für meine Landschaftsfotografie eröffnet. Die Vogelperspektive aus der Luft ermöglicht es mir an Stellen zu fotografieren, wo ich sonst nie mit einer Kamera hingelangt wäre. Diese neue Möglichkeit ist fantastisch und bringt neuen Wind in jedes Portfolio.
Kleiner Exkurs: Ich habe, wie eigentlich immer, im Vorfeld sehr viel recherchiert, welche Drohne für Landschaftsfotografie am besten ist. Ich habe mich dann guten Gewissens für die DJI Phantom 4 Pro+ Drohne und gleich noch für einen Polfilter für die Drohne und zwei Ersatz Drohnen Akkus entschieden. Mit denen komme ich dann insgesamt mit einer Akkuladung auf gut eine Stunde Flugzeit. Mit einem Aufladegerät für das Auto kann ich neben den normalen Kamera Akkus nun sogar auch die Drohnen Akkus bequem beim Fahren laden, wenn ich auf einer längeren, mehrtägigen Fototour unterwegs bin. Ich bin mit der Drohne sehr zufrieden.
Bisher war ich mit der Drohne in Deutschland, Island, Norwegen, Schweden und Italien unterwegs. Da ich sowieso vorwiegend in menschenleeren Gegenden fliege und fotografiere, hatte ich damit bisher auch nirgends irgendwelche Probleme. Ich werde demnächst noch einen ausgiebigen Artikel über die Drohnenfotografie schreiben. Dabei werde ich weitaus detaillierter auf die Vor- und Nachteile und den Vorurteilen gegenüber Drohnen und dem Fotografieren auf der Luft eingehen.
Beispiel 1: Top-Down Shot
Einstellungen: F/5.6, 1/5 Sekunde, ISO100 | Ausrüstung: DJI Phantom 4 Pro+ + Polfilter für die Drohne
Die beiden Luftaufnahmen, die ich hier für die Veranschaulichung der Vogelperspektive nutze, sind beide im schönen Bayern in Süddeutschland entstanden. Das Bild oberhalb zeigt das tropisch anmutende Ufer des Hintersees. Die Kamera der Drohne habe ich dafür komplett senkrecht nach unten schauen lassen, um diese direkte Draufsicht von oben zu ermöglichen.
Beispiel 2: Vogelperspektive
Einstellungen: F/5.6, 1/100 Sekunde, ISO100 | Ausrüstung: DJI Phantom 4 Pro+ + Polfilter für die Drohne
Das Foto oben zeigt die bekannte Ludwigs Insel im Eibsee und Deutschlands höchstem Berg, der Zugspitze, im Hintergrund. Auch diese einzigartige Perspektive ist nur aus der Luft möglich und wäre von einem Boot oder einfach stehend am Ufer mit Stativ niemals möglich.
Zusammenfassung Neue Perspektiven
Ob nun aus der Luft oder am Boden liegend, probiere einfach immer mal komplett neue Perspektiven für deine Fotos aus. Es wird sich lohnen! Vielleicht hast du ja noch mehr Einfälle und Ideen für außergewöhnliche Kamerapositionen? Dann schreib sie mir in den Kommentaren. Ich freue mich drauf!
Abstrakte Fotos
Einleitung
Diese Technik ist schon ein bisschen spezieller und wird nicht jedem zusagen. Ich mag sie und hab schon ganze Bild – Serien auf diese Weise produziert.
Das Resultat dieser Methode ist eine recht abstrakte Wiedergabe dessen, was während der Aufnahme vor der Kamera war.
Für mich persönlich haben solche Fotos irgendwie immer die Wirkung, dass sie meine Fantasie anregen und ich ewig drauf gucken könnte. Zudem wirken solche Bilder oft eher wie Gemälde als wie Fotografien.
Das Foto unterhalb zeigt solche eine Abstraktion eines mystischen Winterwaldes im Harz.
Einstellungen: F/11, 1 Sekunde, ISO100 | Ausrüstung: Canon 5D MkII + Canon L 16-35mm + Polfilter
Wie funktioniert diese Technik
Der Trick ist die Kameraeinstellungen so zu wählen, dass du eine Belichtungszeit jenseits dessen erreichst, was du scharf aus der Hand fotografieren könntest. Als Faustformel gilt ungefähr Belichtungszeit ist gleich 1 durch Brennweite, also s = 1 / 24mm zum Beispiel. Da solltest du also drüber liegen.
Wenn du dir die technischen Einstellungen der Kamera unter den Beispielen ansiehst, wirst du feststellen, dass es schon relativ lange Belichtungszeiten sind, um diese Bilder scharf aus der Hand und ohne Stativ zu fotografieren. Falls du nochmal nachlesen willst, wie genau der Zusammenhang von Blende, ISO und Verschlusszeit ist, kannst du das in diesem Artikel tun.
Kamera beim Belichten bewegen
Der Effekt und der abstrakte Look des Fotos entsteht hauptsächlich durch die Bewegung der Kamera während der Aufnahme und noch etwas kreative Nachbearbeitung im Anschluss. Bei den Beispielen im Wald habe ich einfach während der Auslösung die Kamera mit den Armen gerade nach unten bewegt. Du kannst sie zum Beispiel aber auch nur mit den Händen nach oben oder unten neigen. Das liegt ganz bei dir.
Vor Ort kannst du ruhig mal mit einigen unterschiedlichen Verschlusszeiten spielen und gucken wie sich die Ergebnisse verändern. Alternativ kannst du natürlich auch die Bewegung der Kamera selbst mal schneller und mal langsamer ausführen.
Einstellungen: F/8, 1/2 Sekunde, ISO100 | Ausrüstung: Canon 5D MkII + Canon L 16-35mm + Polfilter
Probiere es einfach mal irgendwo aus. Es muss ja nicht im Wald sein. Das Schöne ist, du brauchst dafür keine zusätzliche Ausrüstung. Einfach Kamera in die Hand nehmen und los geht es.
🔎 Tipp: Um die Belichtungszeit zu erhöhen, kannst du den A-Modus der Kamera benutzen (Blendenprioritätsmodus), die ISO so niedrig wie möglich einstellen und die Blende immer weiter schließen. Theoretisch kannst du in diesem Fall die Blende bei Bedarf sogar komplett bis F/22 schließen. Der auftretende Effekt der Diffraktion, der die Pixel ab einer bestimmten Blende wieder unscharf werden lässt, kann dir in dem Beispiel egal sein, da das Endergebnis ja sowieso kein knack-scharfes Foto sein soll.
Ein weiteres mögliches Motiv
Das Beispielfoto unterhalb zeigt ein weiteres mögliches Motiv für diese Methode. In diesem Fall habe ich die Kamera allerdings nur wirklich minimal bewegt und einfach die Leute sich stattdessen bewegen lassen, um die gewollte Unschärfe zu erreichen.
Einstellungen: F/8, 1/3 Sekunde, ISO200 | Ausrüstung: Canon 5D MkII + Canon L 16-35mm + Polfilter
Zusammenfassung
Probieren geht über Studieren und wenn du, wie ich, solche Fotos interessant findest und sie dir zusagen und du es ausprobierst, lass deiner Fantasie mal komplett freien Lauf. Auf diese Weise lernst du auch gleich nebenbei deine Kamera und die Auswirkungen der Einstellungen besser kennen. Poste gern einen Link zu solch einem Foto dazu den Kommentaren.
Spiegelungen
Einleitung
Natürlich vorkommende Spiegel in der Natur, wie z.B. auf der (spiegel-)glatten Wasseroberfläche eines Sees, wirken immer magisch und verzaubernd. Sie lassen sich wunderbar bei der Bildgestaltung eines Landschaftsfotos nutzen und sind ein wahrer Blickfang.
Spiegelung optimal nutzen
Der Grad der Spiegelung bzw. der Reflexion auf der glatten Oberfläche lässt sich mit einem guten zirkularen Polarisationsfilter optimal steuern. Durch Drehen des Filters kannst du entweder die Spiegelung komplett sichtbar machen oder die Oberfläche komplett durchsichtig werden lassen, sodass du hindurch fotografieren kannst.
Tipps & Tricks
🔎 Tipp: Wenn du nur Teile der Spiegelung in deinem finalen Bild zeigen willst, musst nur zwei Belichtungen des exakt gleichen Bildausschnitts anfertigen. Eine mit Spiegelung und natürlich auch eine ohne (einfach den Polfilter drehen). Am besten vom Stativ aus aufnehmen, um auf Nummer sicher zu gehen, dass sich an der Bildkomposition auch nichts geändert hat. In der digitalen Nachbearbeitung legst du die Bilder wieder übereinander. Dann fügst du eine schwarze Ebenenmaske hinzu und malst mit einem Pinsel die Bereiche wieder sichtbar (d.h. weiß), die du im Foto haben möchtest.
Einstellungen: F/8, 1/160 Sekunden, ISO200, EV+0,33 | Ausrüstung: Canon 5D MkII + Canon L 16-35mm + Polfilter
Durch die optische Wiederholung des Motivs und dem austauschbaren Oben und Unten wirkt das Foto interessanter und wird regelrecht zu einem Augenfang (Eye-Catcher). Wenn du das Gehirn des Betrachters vollkommen durcheinander bringen und verwirren willst, kannst du in der Nachbearbeitung das Bild vertikal spiegeln, d.h. oben und unten vertauschen. In Photoshop: Bild -> Bilddrehung -> Arbeitsfläche vertikal spiegeln.
Je nach Intensität der Spiegelung und der Verunreinigung bzw. Bewegung auf der spiegelnden Oberfläche, braucht das Gehirn eine Weile um die Nuancen und kleinen Unterschiede zu erkennen und festzustellen, was tatsächlich oben und unten ist. Das lässt dein Bild aus der Masse hervorstechen und garantiert eine längere Verweildauer des Betrachters.
Einstellungen: F/8, 1/100 Sekunde, ISO100, EV-0,33| Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 16-35mm + Polfilter
Wo findest du Spiegelungen
Solche natürlich vorkommenden Spiegelungen findest du auf fast allen glatten Wasseroberflächen. Das können Pfützen, Seen, das Meer oder ein nasser flacher Strandabschnitt sein. Wenn du mit einem Weitwinkelobjektiv richtig nah an eine Pfütze ran gehst, kann diese im Bild riesig – fast wie ein See – wirken.
Noch mehr Spiegelungen findest du z.B. auf Glasoberflächen in der Stadt, auf Sonnenbrillen oder Motorhauben, um nur einige Beispiele zu nennen. Es gibt sie überall, halte einfach die Augen offen.
Bei folgendem Beispielfoto unterhalb habe ich mit Absicht die Standard Regeln der Bildkomposition missachtet und stattdessen auf perfekte Symmetrie gesetzt. Die beiden Beispiele oberhalb halten sich eher an die Drittel Regel des goldenen Schnitts. Bei Spiegelungen kann beides gut funktionieren.
Darauf musst du achten
Inwieweit du bei der Nachbearbeitung an der Realität bleiben willst, ist natürlich dir überlassen. Spiegelungen und Reflexionen im Wasser sind naturgemäß dunkler als das sich spiegelnde Original. Wenn du deine Bilder möglichst original-getreu halten bzw. aussehen lassen willst, dann sollte die Spiegelung immer etwas dunkler sein. In Fällen wo du mit dem Betrachter spielst, ihn verwirren willst, oder dich einfach austoben willst, kann es helfen beides gleich hell wirken zu lassen.
Einstellungen: F/8, 1/60 Sekunde, ISO64, EV-0,67|Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 16-35mm + Polfilter
Zusammenfassung Spiegelung
Spiegelungen sind ein Augenschmaus und machen deine Bilder interessanter. Halte also zukünftig einfach überall Ausschau nach natürlich vorkommenden Spiegelungen, die dein Motiv wiederholen. Mit einem zirkularen Polfilter kannst du die Intensität der Spiegelung manuell regeln. Wo genau du die Spiegelachse platzierst, entscheidet über den Grad der Symmetrie im Bild. Ich mag es, das Bild in genau zwei Hälften zu teilen und dabei auch mal die Drittel Regel der Bildkomposition in den Skat zu drücken. Nimm am besten vor Ort immer gleich mehrere Varianten unterschiedlicher Bildkompositionen auf, dann kannst du später immer noch entscheiden, welche Version für dich am besten funktioniert.
Startrails
Einleitung
Die Startrail Fotografie ist eine Unterform der Nachtfotografie. Sie zeigt nicht nur den statischen Nachthimmel, sondern viel mehr die Bewegung der Sterne relativ zu deiner Blickrichtung auf der Erde. Wenn du nun auf der Nordhalbkugel Richtung Norden fotografierst und sehr sehr lange belichtest erzeugt die Bewegung der Sterne (bzw. eigtl. die der Erde) damit Lichtspuren auf dem Foto.
Was musst du beachten
Das nächtliche Fotografieren funktioniert bekanntlich am besten in Gebieten mit möglichst geringer Lichtverschmutzung. Das heißt du siehst die Sterne, Nordlichter und gegebenenfalls die Milchstraße in ländlichen Arealen bei weitem besser, als in der Nähe einer Stadt. Wenn du also ein Nacht Shooting planst, suche dir ein Motiv mit möglichst wenig künstlichem Licht in der Nähe aus. Als Anregung dafür, habe ich dir hier die Karte der Lichtverschmutzung verlinkt.
Einstellungen: F/4, 1200 Sekunden, ISO100 | Ausrüstung: Canon 5D MkII + Canon L 16-35mm + Polfilter
Wenn du nachts fotografierst spielt auch die Mondphase eine entscheidende Rolle. Je heller der Mond, umso mehr überstrahlt er die Sterne im Foto, hellt aber auch gegebenenfalls deinen Vordergrund im Bild auf. Wann der Mond auf- bzw. untergeht, sowie die Zeiten des Sonnenaufgangs und Sonnenuntergangs kannst du sehr genau mit dem Tool The Photographers Ephemeris planen. Die Desktop Version ist kostenlos, für die mobile Variante musst du etwas Geld bezahlen.
Wie funktioniert die Startrailfotografie
Um ein Startrailfoto aufzunehmen suchst du dir als erstes, wie schon oben beschrieben, ein sehr dunkles Fleckchen auf unserer schönen Erde, möglichst ohne Lichtverschmutzung.
Himmelsrichtung bestimmen
Als zweites bestimmst du die Himmelsrichtung. Damit die Sternspuren im finalen Bild wie eine Art Trichter oder Strudel wirken, in den der Betrachter hineingezogen wird, musst du in Richtung Norden fotografieren. Am besten zentrierst du „deinen Strudel“ auf Polaris, den Nordstern. Den findest du, in dem du die Deichsel des großen Wagens am Nachthimmel mit einem unsichtbaren Lineal verlängerst, siehe Grafik unterhalb.
Bildausschnitt finden
Nachdem du erfolgreich den Norden und den Polarstern gefunden hast, kommt als dritter und letzter Vorbereitungspunkt die Bildkomposition. Denke dabei an das Sprichwort: „Vordergrund macht Bild gesund!“ Wenn du also kein reiner Astro-Fotograf ist, sondern dein Fokus eher auf Landschaftsfotografie liegt, dann suche dir einen Vordergrund für dein Bild. Im Beispielbild unterhalb habe ich mir einen Fluss (die Elbe bei Magdeburg) gesucht und die Bäume und deren Spiegelung als Vordergrund genutzt. Das Bild habe ich auch als eine orange Version vom RAW aus entwickelt. Zum nächtlichen Himmel passt aber irgendwie ein tief blauer bis schwarzer Himmel besser, finde ich.
Einstellungen: F/5.6, 1800 Sekunden, ISO100 | Ausrüstung: Canon 5D MkII + Canon L 16-35mm + Polfilter
Hast du deine Bildkomposition rund um den Nordstern gemacht und das Stativ steht wirklich fest, dann kannst du mit der Belichtung beginnen. Ich empfehle auf jeden Fall irgendeine Art Fernauslöser für die Kamera zu benutzen.
Zwei Varianten des Belichtens
Für die Belichtung kannst du zwischen zwei Varianten wählen. Entweder du machst du sehr viele Einzelbilder (à 30 Sekunden) und lässt diese dann später von einem Tool automatisiert zu einem Bild zusammen rechnen oder du belichtest das Bild im Bulb Modus und arretiertem Fernauslöser in einem Rutsch.
Es hat beides seine Vor- und Nachteile. Sollte z.B. der Akku unerwartet schlapp machen nach 30 Minuten, dann ist bei der zweiten Variante das eine erstellte Bild eventuell komplett futsch und alles war umsonst, während du bei der anderen Variante noch alle zuvor erstellten Aufnahmen hättest. Nur das letzte Teilstück wäre verloren.
Bei so vielen Einzelbildern ist das Bildrauschen im finalen Bild zudem geringer und der Vordergrund wird nicht so schnell überbelichtet. Alles in einem Bild zu belichten hat natürlich den Vorteil, dass du im Nachhinein kein extra Tool mehr benutzen musst, sondern das fast fertige Bild schon „in-Camera“ hast. Dabei entstehen manchmal durch erhitzen des Sensors bei DSLR Kameras sogenannte rote Hot-Spots oder Hot-Pixel auf dem Foto, die aber bei der Raw-Entwicklung des Bildes automatisch entfernt werden.
🔎 Hinweis: Wenn du die Variante mit vielen Bilder bevorzugst musst du diese natürlich nicht händisch selbst auslösen. Du machst alle Kameraeinstellungen soweit fertig, stellst die Kamera auf Serienaufnahme und lässt den Fernauslöser einrasten. Dann macht die Kamera so lange Bilder, bis den Auslöser wieder entriegelst, der Akku alle ist oder die Speicherkarte voll ist.
Welche Kameraeinstellungen soll ich nehmen
So, alles ist aufgebaut und du fragst dich welche Kameraeinstellungen du nehmen sollst. Die Belichtung sollte nicht unter ~20 Minuten dauern. Das heißt im Bulb Modus einfach 20 Minuten belichten oder eben mindestens 40 Bilder à 30 Sekunden mit der Serienbildfunktion aufnehmen. Dabei gilt: je länger du belichtest, umso deutlicher und länger werden die Lichtspuren am Himmel. Das Beispiel oben wurde im Bulb Modus ca. 30 Minuten belichtet. Da geht noch deutlich mehr. Wenn du die Geduld hast, belichte ruhig mal eine ganze Stunde und sieh dir das Ergebnis an.
Voraussetzung für die Startrailfotografie ist natürlich eine Kamera mit manuellem Modus (M-Modus) um Belichtungszeit, Blende und ISO selbst festzulegen. Die Schärfe wird bei der Nachtfotografie meist auch manuell auf unendlich festgelegt, sodass das Objektiv ruhig auch nur manuellen Fokus haben darf. Die Blende kannst du soweit öffnen wie es dein Objektiv zulässt und die ISO, je nach Lichtverschmutzung vor Ort, kannst du dann mit einigen Test-Belichtungen anheben bis du meinst, dass es passt.
Ein recht gängiges Beispiel für die Kameraeinstellung ist: Blende F/3.5, 30 Sekunden und ISO400
Nachbearbeitung der Fotos
Nachdem du die bzw. alle notwendigen Belichtungen im Kasten hast, geht die Nachbearbeitung los.
Bei der Variante mit den vielen Einzelbildern, musst du diese zunächst z.B. mit der Photoshop Stapelverarbeitung in JPEGs konvertieren. Achte dabei darauf, dass du die Objektivkorrekturen im RAW Konverter deaktiviert hast, sonst kommt es zu Fehlern. Dann importierst du die Bilder in das kostenlose Tool von Startrails.de und lässt sie dort zu einem Bild zusammen rechnen. Danach kannst du ggf. die Objektivkorrektur durchführen und deine normalen Einstellungsebenen der Nachbearbeitung anwenden.
Bei der Ein-Bild-Variante kannst du natürlich sofort mit der normalen Raw Entwicklung und der Nachbearbeitung beginnen.
Zusammenfassung Startrails
Ich hoffe die Startrail Fotografie eröffnet dir ein paar neue Möglichkeiten und gibt dir Anreize für deine zukünftigen Bilder. Die Nachtfotografie ist generell sehr spannend. Insbesondere, wenn du sie mit anderen Techniken kombinierst. Dazu noch zwei weitere Bild Beispiele, die als Denkanstoß gedacht sind, um wiedermal etwas komplett Neues auszuprobieren.
Beispiel 1: Dolomiten bei Nacht
Einstellungen: F/4, 30 Sekunden, ISO400 | Ausrüstung: Canon 5D MkII + Canon L 16-35mm + Polfilter
Das Bild oben zeigt die berühmte Bergkette Pale di San Martino in den italienischen Alpen bei Nacht und klarem Sternenhimmel. Ich habe den Vordergrund und die Wiesen schon zur blauen Stunde aufgenommen, die Kamera aber dann mehrere Stunden dort auf dem Stativ stehen lassen und gewartet. Als es dann komplett dunkel war, habe ich den Nachthimmel und die Spiegelung im See fotografiert. Zu hause am PC habe ich die Belichtungen dann zu einem Bild zusammengefügt.
Beispiel 2: Milchstraße
Einstellungen: F/2.8, 30 Sekunden, ISO800 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 14-24mm + Stativ
Entgegen der Startrail Fotografie, bei der du in Richtung Norden fotografierst, richtest du deine Kamera beim Fotografieren der Milchstraße eher Richtung Süden aus. Ich habe zum Planen dieses Fotos das kostenlose Tool Stellarium-Web benutzt. Dort siehst du genau, wann und in welcher Richtung die Milchstraße zu sehen sein wird. Dann musst du dir nur noch einen geeignete Vordergrund suchen und es kann losgehen. Technisch ist das Bild nichts besonderes. Eine einfach Belichtung mit oben genannten Kameraeinstellungen und ein wenig ganz normale Entwicklung der Raw Datei. Wichtig bei solchen Bildern ist der manuelle Weißabgleich und die Schärfe, sowie Kontraste.
Bildkomposition
Einleitung
Du musst dich nicht immer zwingend an die Grundregeln der Bildkomposition halten. Auch wenn du sie gezielt brichst und umgehst, kann solch ein Foto sehr gut funktionieren. So ein Bild funktioniert, je nach Motiv und Wetter, manchmal sogar besser, wenn du dich nicht hundertprozentig an die Regeln des goldenen Schnitts und der Drittel Regel hältst, oder sogar das Hauptmotiv mal mittig setzt. Kunst ist nicht dazu da, um sich an die Regeln zu halten und es anderen recht zu machen.
Beispiele Alternative Bildkomposition
Beispiel 1 – Elemente bewusst weg lassen
Bei dem Bild unterhalb habe ich mich z.B. dazu entschlossen überhaupt gar keinen Himmel im oberen Bereich zu integrieren, sondern ihn ausschließlich bei der Spiegelung der Berggipfel im unteren Bereich des Fotos zu zeigen. Für mich funktioniert das Bild trotz des Bruchs mit den Grundregeln der Bildkomposition. Ich würde es mir an die Wand hängen. Das ist natürlich Geschmackssache. Probiere einfach aus, was dir in den Kopf kommt und schaue dann, ob es dir gefällt und in deinen Augen stimmig ist. Das ist am Ende das Wichtigste, finde ich. Dein Foto sollte vor allem dir gefallen und nicht etwaigen Kritikern.
Einstellungen: F/8, 1/25 Sekunde, ISO250, EV-2 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 16-35mm + Polfilter
Beispiel 2 – Oben und Unten vertauschen
Das folgende Bild ist wieder relativ klassisch, was die reine Bildgestaltung angeht. Der Fluchtpunkt der Linienführung ist genau im unteren linken Drittel. Dem gegenüber steht der Wegweiser auf dem Boden, im Bild oben rechts. Das klingt etwas widersprüchlich. Ist es auch. Der Trick hier ist, dass das Bild vertikal gespiegelt ist. Durch die sich spiegelnde Deckenbeleuchtung auf dem Fußboden funktioniert die Illusion ganz gut. Als Betrachter merkt man auf den ersten Blick noch nicht, dass oben und unten vertauscht sind.
Einstellungen: F/4, 1/20 Sekunde, ISO200 | Ausrüstung: Canon 5D MkII + Canon L 16-35mm + Polfilter
🔎 Hinweis: Bei den meisten Kameras kannst du ein Gitternetz im Sucher oder auf dem Liveview Bildschirm einblenden und das direkt bei der Bildkomposition nutzen. Entweder um dich daran zu halten oder um sie gezielt zu brechen.
Beispiel 3 – Spezielle Wettersituation
Manchmal ergeben sich durch spezielle Wettersituationen ganz besondere Möglichkeiten. So auch im Bild unterhalb. Der Abend auf der Großglockner Hochalpenstraße war recht verregnet und stark bewölkt bis in die Täler. Die Sicht war teilweise zero zero und man sah kaum die Hand vor Augen. Da wir aber auf einer Fototour und nicht im Urlaub waren, fotografierten wir trotzdem weiter. Und es sollte dieses Mal auch belohnt werden. Für kurze Zeit zogen die Wolken für einen kurzen Moment auf und gaben die direkte Sicht auf den Gipfel des Wiesbachhorns frei. Zum Glück waren Kamera und Stativ schon aufgebaut, alle Kameraeinstellungen gemacht, sodass ich nur noch den Auslöser betätigen musste.
Durch die Wolken ergibt sich ein natürlicher Rahmen um den Berggipfel. Dieses magische Fenster war nur für wenige Sekunden genau so sichtbar. Was will ich dir damit sagen? Nutze einfach immer die Gegebenheiten und Gelegenheiten vor Ort und mach das beste draus, statt komplett ohne Bild einfach wieder nach hause zu fahren, nur weil gerade nicht exakt die Bedingungen sind, die du dir vielleicht gewünscht hast.
Einstellungen: F/8, 1/3 Sekunde, ISO200 | Ausrüstung: Canon 5D MkII + Canon L 16-35mm + Polfilter
Es kommt natürlich immer auf die jeweilige Situation an. Wenn z.B. der Himmel komplett wolkenlos ist und du diesen inhaltslosen Raum (sog. negative space) nicht für Werbetexte oder Artikelüberschriften einplanst, weil du das Foto über Verlage lizenzieren willst, dann kannst du den Himmel auch nur zu 10 Prozent (statt der üblichen 30%) für die Bildkomposition nutzen.
Beispiel 4 – Spiegelungen erkennen
Wie du vielleicht schon gemerkt hast, bin ich ein großer Freund von Spiegelungen. Und davon Spiegelungen zu spiegeln. Aus künstlerischer Sicht kannst du auch einfach mal alles auf den Kopf stellen, wie im Bild unterhalb. Das mag den Betrachter auf den ersten Blick verwirren, aber gibt auch einen guten Anreiz etwas länger bei dem Bild zu verweilen und darüber nachzudenken.
Dafür musst du natürlich erstmal deinen Blick üben und schulen, damit du solche Situationen überhaupt im Alltag erkennst. Achte beim Spazieren einfach mal öfter drauf, wo du überall Spiegelungen siehst und überlege dir, wie du sie fotografisch und bildgestalterisch interessant umsetzen kannst.
Einstellungen: F/8, 1/20 Sekunde, ISO200 | Ausrüstung: Canon 5D MkII + Canon L 16-35mm + Polfilter
Zusammenfassung Bildkomposition
Das letzte Beispiel soll dir noch einmal zeigen, dass du dich nicht immer zwingend an die Grundregeln der Bildkomposition halten musst. Regeln sind ja bekanntlich da, um gebrochen zu werden. Du kannst dich daran halten, musst du aber nicht.
Einstellungen: F/11, 1/25 Sekunde, ISO64, EV-0,67|Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 16-35mm + Polfilter
Das Hauptmotiv eines Bildes sollte z.B. niemals mittig gesetzt werden. Aber genau das ist im Beispielbild oberhalb der Fall. Es ist nicht mittig-mittig, sondern schon eher im oberen Drittel, also ist es kein totaler Fauxpas. Für mich funktioniert es durch die Linienführung der Wolken, die genau auf den Berggipfel zulaufen und durch den starken Vordergrund des Fotos und die Spiegelung des Hauptmotivs trotzdem sehr gut. Wie überall gilt eben auch hier: probieren geht über studieren und Versuch macht kluch!
Gegenlicht und Sonnenstern
Einleitung
Fotos ins Gegenlicht und insbesondere solche mit einem Sonnenstern sind nicht umsonst im Trend, denn sie sind ein wahrer Hingucker und Augenöffner. Vor einigen Jahren noch undenkbar, sind sie heute aus der modernen Landschaftsfotografie nicht mehr wegzudenken. Solche Fotografien sind technisch allerdings auch etwas aufwendiger zu produzieren und du brauchst natürlich die richtigen Wetterbedingungen. Wie das genau technisch funktioniert und wie du dabei einen natürlichen Look beibehältst, erkläre ich dir in den folgenden Abschnitten.
Einstellungen: F/8, 1/6 Sekunde, ISO200 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 16-35mm + Polfilter
Ins Gegenlicht fotografieren
Planung im Vorfeld
Moderne Tools benutzen
Die Planung solcher aufwendigen Fotos im Vorfeld des eigentlichen Shootings spielt bei mir eine sehr wichtige Rolle. Wenn ich online z.B. via Google Earth mögliche Fotospots auskundschafte, gucke ich auch direkt bei Photographers Ephemeris, ob die Location ein möglicher Sonnenaufgangs oder Sonnenuntergang Spot zur geplanten Jahreszeit ist. Das ist nämlich die Hauptvoraussetzung, dass solche Fotos überhaupt entstehen können. Der zweite entscheidende Faktor ist, dass die Wetterbedingungen zum Zeitpunkt des Shootings mitspielen und die Sonne überhaupt zu sehen ist und sich nicht hinter dicken Regenwolken versteckt. Das lässt sich im Zweifel mit dem Wetterdienst deines Vertrauens im Vorfeld einer anstrengenden Wanderung grob abchecken.
Diesen Bergsee hatte ich mir im Vorfeld der Tour schon auf diversen Wanderkarten und eben auch bei The Photographers Ephemeris ausgekundschaftet und wusste ungefähr was mich erwartet. Das Wetter sah am Nachmittag vielversprechend aus, also machte ich mich auf den Weg. Auf dem Weg nach oben, zogen schon langsam immer mal wieder Wolken am Horizont und vor der Sonne entlang, aber ich lies mich nicht beiirren und wanderte weiter.
Vor Ort Zeit nehmen
Einstellungen: F/11, 1/20 Sekunde, ISO100 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 16-35mm + Polfilter
Oben angekommen, war ich erstmal sehr froh darüber den See auf über 2000Hm komplett für mich alleine zu haben. Keine anderen Wanderer oder Fotografen weit und breit. Ich war früh dran und ließ mir Zeit und den Ort erstmal auf mich wirken. Nach einiger Zeit bin ich dann einmal ringsum gelaufen um mir Gedanken über die Bildkomposition zu machen. Letztendlich habe ich mich dann für den Bildausschnitt oben entschieden, der eine Spiegelung des gegenüberliegenden Berges im ruhigen See erlaubt, sowie den prominenten Baumstamm als Vordergrund nutzt und die Sonne genau im oberen linken Drittel zeigt.
Technischer Ablauf
Die Voraussetzung um überhaupt solche Fotos erstellen zu erstellen ist, dass du vom Stativ fotografierst und um Verwacklungen bei der Aufnahme zu vermeiden und zusätzlich einen Fernauslöser oder z.B. den 2 Sekunden Timer der Kamera nutzt. Denk dran auf dem Stativ immer alle vorhandenen Bildstabilisatoren zu deaktivieren, sonst werden die Bilder unscharf.
Belichtung
Hast du die Bildkomposition fertig und die Kamera steht stabil auf dem Stativ, dann kann es mit dem Belichten losgehen. Mein Prozedere dafür ist, 3 Belichtungsreihen (EV 0, EV-2, EV+2) hintereinander durchlaufen zu lassen. Das ergibt dann 9 Bilder insgesamt.
Belichtungsreihen deshalb, weil Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge erfahrungsgemäß sehr dynamische Lichtverhältnisse im Bild vereinen, d.h. von sehr dunkel bis sehr hell ist alles dabei. Mit den drei Belichtungen pro Bild, gehe ich nur sicher den ganzen Dynamikumfang auch tatsächlich im Kasten zu haben. Alternativ kannst du auch eine Testbelichtung machen und das Histogramm checken. Wenn nichts am einen oder anderen Ende der Skala ausschlägt, reicht wahrscheinlich auch nur eine Belichtung. Macht dann nur 3 Bilder.
Die erste Reihe ist eine ganz normale Belichtung. Einstellungen z.B. F/11, 1/60 Sekunde, ISO64
Bei der zweiten Reihe halte ich etwas vor die Sonne, damit keine Lensflares im Bild sind (siehe Beispiel Bild oben)
Die dritte dient dann dem Einfangen des Sonnensterns. Da schließe ich dann die Blende bis zu F/22
Digitale Nachbearbeitung
Die drei Ausgangsbilder, d.h. die Normalbelichtung, die ohne Lensflares und die mit Sonnenstern blende ich dann in Photoshop über Ebenen zusammen. Dazu öffnest du das Grundbild und fügst dann die Belichtung ohne Lensflares und mit Sonnenstern einfach ein. Photoshop legt diese als Ebenen darüber.
Die zwei oberen Ebenen machst du mit Hilfe von komplett schwarzen Ebenenmasken nun unsichtbar und malst mit einem weißen Pinsel die Bereiche des jeweiligen Bildes auf der Maske wieder sichtbar. Siehe Screenshot oben.
Das heißt in der zweiten Ebene nutzt du die Bereiche vom Vordergrund, wo eben keine Lensflares zu sehen sind und in der dritten Ebene blendest du auf diese Weise den Sonnenstern in das Foto ein. Fertig. Danach kannst du wahlweise STRG + ALT + SHIFT + E drücken, um eine Composite Ebene darüber anzulegen. Auf diese Ebene kannst du nun auch deine normalen Standard Nachbearbeitungsschritte anwenden.
🔎 Tipp: Wenn du meine automatisierten Photoshop Aktionen nutzt, sollte was im Screenshot oben „Ebene 3“ ist, „Hintergrund“ heißen. Dann kannst du F4 drücken und das Makro legt dir meine ganzen Standard Ebenen für die Bildbearbeitung an.
Letzte Tipps
Zum Abdecken der Sonne kannst du was auch immer nehmen. Ich benutze einfach immer einen meiner Finger. Die hab ich ja meistens dabei. Der Sonnenstern lässt sich am besten fotografieren, wenn die Sonne an einer Kante ganz leicht verdeckt ist, das heißt wenn sie gerade hinter einem Berg vorkommt oder an einer Wolke kratzt zum Beispiel. Der Himmel und die Atmosphäre sollten recht klar sein, sonst kann es sein, dass du trotz geschlossener Blende keinen Sonnenstern auf deinem Foto siehst.
Wie der Sonnenstern am Ende aussieht, entscheidet sich auch durch die Bauweise der Blenden Lamellen deines Objektivs. Das Canon L 16-35mm produziert z.B. sehr schöne und klare Sonnensterne. Angeblich die schönsten überhaupt. Das Nikon Nikkor 14-24mm kann da nicht ganz mithalten, ist aber die beste Nikon Alternative.
Zusammenfassung
Fotos ins Gegenlicht mit Sonnenstern aufzunehmen ist ein Technik, die atemberaubende Resultate hervorbringen kann. Dank der modernen digitalen Fotografie ist dies relativ einfach realisierbar. Die ersten paar Aufnahmen und die Nachbearbeitung der ersten Bilder werden dich noch etwas fordern, aber nach ein paar geglückten Versuchen ist es praktisch kein großer Mehraufwand mehr. Und alles was du dafür zusätzlich brauchst ist ein Stativ und einen deiner Finger.
Infrarotfotografie
Die Infrarot Fotografie erschließt dir eine völlig neue Sicht auf schon bekannte und vielleicht sonst langweilig anmutende Motive. Durch sie kann eine normal wirkende Situation interessant, ja sogar magisch wirken. Sie ist ein bisschen wie ein Blick in eine andere Dimension. Mit einem Infrarot Filter, wie dem bekannten Hoya R72, und ein bisschen Nachbearbeitung kannst du so weiße Blätter an Bäumen und tiefblaue Gewässer und Himmel erzeugen.
Einstellungen: F/5.6, 30 Sekunden, ISO200, EV+2 | Ausrüstung: Nikon D80 + 18-70mm Kit Objektiv + Stativ + IR Filter
Was brauchst du dazu
m Grunde brauchst du erstmal nur deine ganz normale Ausrüstung, d.h. Kamera, Objektiv und Stativ. Was du zusätzlich brauchst, ist eben der Infrarotfilter. Ich benutze dafür seit 2008 den Hoya R72. Du kannst die Technik mit praktisch jeder Kamera und Objektiv in Kombination mit dem Filter anwenden.
Einschränkungen
Es gibt allerdings ein paar Fallstricke. Die meisten Kameras haben IR-Sperrfilter verbaut, die das Infrarotlicht eben nicht zum Sensor durchlassen sollen. Dadurch ergeben sich die sehr langen Belichtungszeiten. Einige Objektive haben auch in der Mitte einen sogenannten Hotspot (heller Bereich), der bei der Infrarotfotografie sichtbar wird. Das ist erstmal nicht ganz so schlimm und kann in der Nachbearbeitung auch zum Teil ganz gut vertuscht werden.
Einstellungen: F/5.6, 1/640 Sekunde, ISO64 | Ausrüstung: Sony F828 + IR Filter
Um die Technik überhaupt erstmal auszuprobieren und zu gucken, ob das was für dich ist und dir der Effekt und der Look der Fotos gefällt, reicht es absolut aus dir erst einmal nur den Filter zu kaufen und direkt loszulegen. Wenn du irgendwann merkst, dass ist was für dich und du willst diese Art der Fotografie intensivieren, kannst du dann nach Kameras ohne IR Sperrfilter suchen (z.B. Sony F828) oder dir den Sperrfilter aus deiner Kamera entfernen lassen.
Hotspot und Sperrfilter
Es gibt eine Liste im Internet, wo du nachschauen kannst, welche Objektive keinen Hotspot haben und somit eher für die Infrarotfotografie geeignet sind. Hier in der Link zur Liste. Anbieter die dir den Sperrfilter tauschen oder ganz entfernen sind z.B. Lifepixel mit Sitz in den USA oder als deutscher Vertreter Optic Macario mit Sitz in Mönchengladbach. Ohne einen fest verbauten Sperrfilter, aber mit montiertem Infrarotfilter an der Linse kannst du dann auch Belichtungszeiten erreichen, die du aus der Hand und ohne Stativ fotografieren kannst. Ein weiterer Vorteil der kürzeren Belichtungszeiten ist natürlich, dass die Bäume, Blätter usw. schärfer abgebildet werden, als wenn sie bei einer mehrere Sekunden andauernden Belichtung im Wind schwanken.
Einstellungen: F/5.6, 30 Sekunden, ISO200, EV+2 | Ausrüstung: Nikon D80 + 18-70mm Kit Objektiv + Stativ + IR Filter
Wann kannst du am besten Infrarot fotografieren
Die „besten“ Landschaftsbilder werden ja bekanntlich zum Sonnenuntergang oder Sonnenaufgang und den interessanten Zeiten ringsherum, d.h. zur blauen und goldenen Stunde fotografiert. Diese sind allerdings, je nach Jahreszeit, sehr früh bzw. sehr spät am Tag. Das wiederum kann sehr anstrengend für dich als Fotografen sein kann. Ich muss mich jedenfalls ganz schön raus quälen und selbst motivieren, wenn es mal wieder zum Sonnenaufgang früh um 5 Uhr morgens geht.
Beste Tageszeit
Die Infrarotfotografie ist da viel genügsamer und dankbarer, was die Tageszeiten angeht. Die beste Tageszeit dafür ist im Grunde genau zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, also einfach tagsüber. Ein Infrarotfilter schluckt viel Licht und deshalb kann man auch tagsüber, je nach Kamera und Objektiv mehrere Sekunden Belichtungszeit einplanen. Das hängt vor allem davon ab, ob deine Kamera, wie oben beschrieben, einen Sperrfilter für Infrarot Licht verbaut hat, oder eben nicht.
Beste Jahreszeit
Die beste Jahreszeit für Infrarotaufnahmen ist der Sommer, wenn Blätter an den Bäumen sind und alles grün ist. Praktisch bei uns in Deutschland meistens zwischen Mai und Oktober. Das gilt natürlich vor allem für Landschaftsfotografie. Wenn du Architektur im infraroten Licht fotografieren möchtest, geht das natürlich auch im Winter.
Einstellungen: F/5.6, 30 Sekunden, ISO200, EV+2 | Ausrüstung: Nikon D80 + 18-70mm Kit Objektiv + Stativ + IR Filter
Nachbearbeitung der Bilder
Nachdem du dein erstes Bild mit montiertem Infrarotfilter im Kasten hast, wird dich die Vorschau deiner Kamera wahrscheinlich eher ernüchtern. Das Ergebnis wird ungefähr so aussehen, wie das folgende Bild unterhalb. Rot-stichig, dunkel und noch keine weißen Blätter.
Deshalb solltest du deine Infrarotaufnahmen auf jeden Fall im Raw Format von der Kamera speichern lassen. Es gibt im Nachgang noch ein, zwei Schritte zu tun. Nach der Standard Objektivkorrektur im Raw Konverter und deinen sonst dort üblichen Schritten, musst du bei Infrarot Fotos vor allem einen Weißpunkt setzen und den Rot und Blau Kanal vertauschen.
Den Weißpunkt kannst du z.B. mit einer Tonwertkorrektur setzen, indem du bei der Tonwertkorrektur den Pinsel für „Weißpunkt setzen“ aktivierst und auf ein Blatt klickst. Und zack, werden diese Bereiche im Bild weiß. Für den Tausch des roten und blauen Kanal kannst du den Kanalmixer nehmen oder eine meiner automatisierten Photoshop Aktionen dafür nutzen. Danach noch ein bisschen die Farben intensiveren und Kontraste erhöhen und et voilà.
Was musst du noch beachten
Noch schnell ein paar kleine Tipps, bevor du mit der Infrarotfotografie loslegen kannst. Wenn du nun also tagsüber mit Infrarot Filter losziehen möchtest und damit fotografieren willst, denke vor allem an die längeren Belichtungszeiten. Du solltest dir dafür also nicht die stürmischsten und wind-reichsten Tagen aussuchen. Und falls doch, dann such dir Motive die nicht im Wind schwanken.
Wahrscheinlich wirst du nicht im Automatik Modus der Kamera mit angeschraubten IR Filter fotografieren können, sondern eher im komplett manuellem Modus. Je nach Kamera, Objektiv und vorhandenem Licht, musst du auf das Histogramm gucken, welche Belichtungszeit du für das aktuelle Bild brauchst und gegebenenfalls nachkorrigieren.
Einstellungen: F/5.6, 1/250 Sekunde, ISO64 | Ausrüstung: Sony F828 + IR Filter
Wichtig ist noch, dass wohl die meisten Kameras nicht mehr wirklich fokussieren können, wenn der Infrarotfilter vor der Linse sitzt. Also am besten gleich manuell auf unendlich fokussieren. Du kannst alternativ auch deine Bildkomposition ausrichten und scharfstellen ohne den Filter und diesen erst kurz vor der Aufnahme anschrauben und Kamera und Objektiv dann erst auf manuellen Fokus stellen.
Belichtungszeiten
Neben der schon weiter oben erwähnten Langzeitbelichtung, gibt es noch weitere Sonderformen der Belichtung eines Fotos. Diese sind allerdings jenseits der normalen und Histogramm konformen Werte. Das können sogenannten High-Key oder Low-Key Aufnahmen sein. Sie beschreiben einen technisch-gestalterischen Stil in der modernen Landschaftsfotografie, werden aber hauptsächlich eher in der Porträtfotograf eingesetzt.
Low-Key
Beispiel Low-Key Foto:
Einstellungen: F/5.6, 1/15 Sekunde, ISO400 | Ausrüstung: Canon 5D MkII + Canon L 16-35mm + Polfilter
Das Low-Key Foto oberhalb entstand gegen Ende der blauen Stunde im Darßer Urwald am Weststrand an der Ostsee. Ich wollte die dunklen Silhouetten der Bäume genau so im Foto darstellen, wie ich sie selbst auf dem Heimweg wahrnahm.
Solche Low-Key Fotos sind tendenziell geprägt von starken Kontrasten und sehr dunklen Farbtönen. Ganz im Gegenteil zu den High-Key Fotos. Diese sind eher definiert durch weiches Licht, helle Farbtöne und niedrige Kontraste.
Wenn du das mal ausprobieren möchtest, brauchst du eigentlich nur deine Kamera ohne irgendwelches extra Zubehör. Bei High-Key Aufnahmen kann es sein, dass die Belichtungszeiten so groß werden, dass du doch ein Stativ brauchst.
Entweder nutzt du einfach die EV-Verschiebung der Kamera, um die jeweilige Szene über- oder unterzubelichten, oder du fotografierst im manuellen Modus (M-Modus oder im T-Modus für Zeitsteuerungsmodus) und legst die Belichtungszeit selbst fest.
💡 Bonus: Wie genau Blende, Verschlusszeit und ISO zusammenhängen habe ich im verlinkten Artikel für dich erklärt und auch wie du das Histogramm in Bezug auf die Belichtung lesen und interpretieren musst, habe ich einen Artikel mit Beispielen beschrieben.
High-Key
Beispiel High-Key Foto:
Einstellungen: F/11, 20 Sekunden, ISO64, EV+2 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 16-35mm + Polfilter
Das Foto mit der Buhne ist an einem sehr nebligen und windstillem Tag an der Ostsee entstanden. Durch den Nebel und die lange Belichtungszeit von 20 Sekunden sieht es aus, als würden Meer und Himmel am Horizont miteinander verschmelzen. Das Foto hatte ich im Blendenprioritätsmodus (A-Modus) der Kamera aufgenommen. Durch die schwierigen Wetterverhältnisse wäre die Belichtung, die die Kamera automatisch errechnet hat, viel zu dunkel geworden. Also habe ich die EV Verschiebung von +2 genutzt um das Foto signifikant aufzuhellen.
Motiv optimieren
Bei dieser „Technik“ greifst du selbst ins Motiv ein und veränderst es damit. Bei manchen Fotografen, vor allem aber bei denen, die eher auf Dokumentationsfotografie stehen und einen Stock in ihrem werten Gesäß haben, mag diese Technik verpönt sein. Ich finde sie super und lasse mich dahingehend auch nicht mehr auf langwierige und schwierige Diskussionen ein. Hier geht es nämlich um künstlerische Landschaftsfotografie. Und in der Kunst, Liebe und im Krieg ist ja bekanntlich alles erlaubt!
Bevor ich mir damit jetzt aber zu viele Gegner mache, nein, es geht nicht darum, Dinge in der digitalen Nachbearbeitung herbei- oder wegzuzaubern, sondern nur darum vor Ort einzugreifen bzw. zu optimieren und zwar vor der Linse. Das Foto ist dann trotzdem – wie gesehen – im Kasten. Nach meiner Definition ist das auch keine Fotomanipulation. Das kann aber natürlich jeder für sich entscheiden. Folgend ein paar Beispiele dazu.
Beispiel 1 – Vordergrund macht Bild gesund
Getreu dem Motto: „Vordergrund macht Bild gesund“ habe ich in folgendem Bild einen Stein ins Wasser geworfen und währenddessen mit der Serienbildfunktion mehrere Aufnahmen beim Eintauchen geschossen. Eine Grundbelichtung, eine als der Stein ins Wasser fiel und einige für die wellenförmigen Ringe. Diese habe ich dann in der Nachbearbeitung mit Ebenenmasken zu einem Foto zusammen gesetzt. Meiner Meinung nach, wertet die zusätzliche Aktion im Vordergrund das Bild auf und schafft überhaupt erst einen interessanten Vordergrund für das Foto.
Einstellungen: F/8, 1/30 Sekunde, ISO64 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 16-35mm + Polfilter + Stativ
Beispiel 2 – Nebel durch Anhauchen
Das zweite Beispiel ist eine typische Wald-Szene mit einem wunderschönen Wasserfall im Harz. Der Wald im Hintergrund des Bildes war mir allerdings ein bisschen zu langweilig, also habe ich die Linse von oben her angehaucht und so künstlich Nebel vor der Linse produziert. Es braucht ein wenig bis man diese Technik soweit optimiert hat und den richtigen Stärke-Grad und Winkel beim Anhauchen der Linse raus hat, aber es kann sich durchaus lohnen. Der Nebel oben in den Bäumen fungiert so auch als eine Art natürliche Vignette, die den Fokus des Betrachters nicht aus dem Bild heraus, sondern wieder zurück auf das Hauptmotiv, nämlich den Wasserfall, lenkt.
Einstellungen: F/5.6, 0.3 Sekunden, ISO64 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 16-35mm + Polfilter
Wenn ich das Bild jetzt betrachte und drüber nachdenke, sieht der äußerst rechte untere Bereich noch relativ uninteressant und leer aus. Aus heutiger Sicht würde ich dort wahrscheinlich ein paar bunte Blätter o.ä. positionieren, um das vorhandene schöne Motiv und die Bildkomposition weiter aufzuwerten und einen zusätzlichen Farbtupfer im Bild zu haben.
Beispiel 3 – Person im Foto nutzen
Manchmal ist es bei Landschaftsfotos für den Betrachter schwierig die schiere Größe von bestimmten Elementen der Natur wie z.B. Wasserfällen, Klippen oder Bergen und die schiere Weite einer Landschaft richtig einzuschätzen und zu begreifen. Für dich als Fotografen kann es dann unter anderem sinnvoll sein, eine Person (oder auch ein Tier) bewusst im Foto einzusetzen, um dadurch das Größenverhältnis im Bild richtig zu vermitteln und dem Betrachter sozusagen eine Skala an die Hand zu geben.
Das Bild unterhalb entstand auf einer einwöchigen Tour quer durch ganz Island. Wir haben in dieser Zeit einen kleinen Werbefilm für Canon produziert und ich habe die Fotos dazu geschossen. Die Person im Bild, die mir hier für die Skalierung des riesigen Skógafoss Wasserfalls als Model dient, ist der australische Regisseur Matthew Huntley. Er ist voraus gegangen, um zu schauen ob wir direkt am Fuße des Wasserfalls eine kleine Szene drehen können und ich habe meine Chance gesehen und von weitem mit der Telelinse drauf gehalten. Ohne die Person könnte der Betrachter des Fotos die unglaubliche Höhe und Größe des Wasserfalls bestenfalls erahnen.
Einstellungen: F/5.6, 1/45 Sekunde, ISO100|Ausrüstung: Canon 5D MkII + Canon L 24-105mm IS + Polfilter
Zusammenfassung
Solche Optimierungen am Motiv, vor der Linse, sind natürlich am Ende reine Geschmackssache. Was hältst du davon, würdest du so etwas bei deiner Fotografie machen? Würdest du z.B. abgestorbene Äste, oder verwelkte Blumen aus der deiner Bildkomposition entfernen, weil sie deinen Vordergrund stören würden?Schreib es mir in den Kommentaren.
Bonus Tipp
Kombination mehrerer Techniken
Noch ein Bonus Tipp zum Schluss. Die Königsdisziplin ist nun, wenn möglich, vor Ort zu erkennen, wenn eine Kombination dieser Methoden und Ideen möglich ist. Dann kommt wahrscheinlich ein sogenannter Hero-Shot dabei heraus, ein Bild fürs Portfolio.
Ein Beispiel dafür ist die Gegenlichtaufnahme „Tjeldbergtinden Sun“. Sie ist nahe Svolvaer auf den Lofoten Inseln an einem der dort seltenen „Schön Wetter Tage“ mit stahlblauem Himmel entstanden. Sie kombiniert drei der oben genannten Ansätze. Das Fotografieren ins Gegenlicht, einen Sonnenstern in die Bildkomposition einzubauen und eine Spiegelung der Landschaft im windstillen See.
Da die Aufnahme ungefähr zur Mittagszeit entstanden ist und trotzdem ein solides Landschaftsbild dabei heraus gekommen ist, wiederlegt sie zudem das gängige Fotografensprichwort „Zwischen 11 und 3 hat der Landschaftsfotograf frei“. Durch die nicht vorhandenen Wolken und den freien Raum oben rechts im Bild, eignet sich das Foto außerdem prima für die Lizenzierung und den Verkauf des Fotos, um dort beispielsweise Artikelüberschriften zu platzieren.
Einstellungen: F/11, 1/125 Sekunde, ISO100 | Ausrüstung: Canon 5D MkII + Canon L 16-35mm + Polfilter
Gegenlicht und Light Bleeding Technik
Beispiel 1 – Sonnenstrahlen im Gegenlicht, LZB für das Wasser
Auch die folgenden beiden Beispiele kombinieren mehrere der oben genannten Techniken in einem Foto. Das Bild unterhalb habe ich im Vorfeld mit der kostenlosen Web Version von The Photographers Ephemeris geplant. Da ich diesen Ort schon sehr oft besucht und fotografiert hatte, wollte ich dieses Mal ein ganz spezielles Bild mit der Laubfärbung im Herbst, dem Wasserfall und einem Sonnenstern im Gegenlicht. Als das Wetter passte und ein klarer Himmel für den Nachmittag vorhergesagt war, bin ich losgefahren.
Das Bild habe ich technisch genau so erstellt, wie ich es weiter oben schon bei der Methode „Gegenlicht fotografieren“ erklärt habe. Mehrere Belichtungen und unterschiedliche Blenden für die unterschiedlichen Bildbereiche, wie Sonne, Wald und Wasserfall. Diese dann in der Nachbearbeitung über Ebenen manuell zusammengeblendet.
Einstellungen: F/8, 1/2 Sekunde, ISO64 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 16-35mm + Polfilter
Was ist denn nun Light-Bleeding? Das ist eine recht neue Methode der modernen Landschaftsfotografie. Und zwar verstärkt man dabei mit Hilfe der Nachbearbeitung das natürlich vorhandene Licht und Glühen in einer Szene (und weitet es ggf. aus). Hört sich erstmal abgefahren an, ist aber ganz einfach. Voraussetzung ist natürlich, dass tatsächlich auch Licht an der Stelle vorhanden ist, welches du verstärken kannst, sonst sieht es nachher aus wie gewollt und nicht gekonnt. Ich erkläre dir an folgendem Beispiel wie das geht .
Beispiel 2 – Light Bleeding um die Sonne
An diesem Beispielbild lässt es sich ganz gut erklären. Du erstellst eine neue Ebene und änderst den Modus der Ebene von „Normal“ auf „Weiches Licht„. Dann nimmst du mit der Pinzette den Farbton, den du verstärken willst. Ich habe hier einen Bereich unweit der Sonne genommen, ein helles orange. Dann aktivierst du den normalen Pinsel und setzt die Sichtbarkeit des Pinsels auf 10%. Jetzt malst du mit einem relativ großen Pinsel-Radius (abhängig vom Motiv) um die Sonne das natürlich vorhandene Licht nach und verstärkst das schon vorhandene Leuchten und Glühen der Farben, zB. an den Bergflanken. Das hat in dem Foto unten z.B. den Bergen und dem aufsteigendem Nebel im Tal rechts im Bild diesen leichten orangen Touch gegeben.
Mit dieser Methode kannst du nicht aus einem schlechten Bild ein gutes machen, es ist am Ende eher nochmal das i-Tüpfelchen, bei einem ohnehin schon guten Bild, bzw. guten Licht- und Wetterbedingungen.
Einstellungen: F/11, 1/4 Sekunde, ISO64 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 16-35mm + Polfilter
In Kombination mit Ortskenntnissen durch viel herumstromern und einer gewissenhaften Planung der Sonnenstände mit Tools und Apps wie z.B. The Photographers Ephemeris, sowie dem Beobachten und Antizipieren von Wetterbedingungen, kannst du solche Bilder ganz gut im Voraus planen. Mit einem durchdachtem Vorgehen und guter Planung kannst du deinem Glück, wie es viele oft fälschlich nennen, auf diese Weise nämlich sehr gut auf die Sprünge helfen.
Welche Ausrüstung brauchst du (+Kameraeinstellungen)
Ausrüstung
Kamera
Obwohl die meisten Fotografie Anfänger und Leihen immer davon ausgehen, dass eine gute Kamera Voraussetzung für gute Fotos ist, siehst du ja hier an den Beispielen, dass das nicht unbedingt der Fall sein muss. Für die meisten der hier im Artikel vorgestellten Techniken und Ideen brauchst du kaum zusätzliche Ausrüstung. Keine spezielle Kamera oder besondere Objektive und kein anderes teures Zubehör ist für die Umsetzung nötig. Jede Kamera, bei der du die Belichtungszeit selbst regeln kannst, ist praktisch dafür geeignet. Das heißt alle Kameras, die einen Av, T oder M Modus haben. Viel wichtiger als die Ausrüstung ist, dass du das Wissen und diese Ideen im Kopf hast und sie dann vor Ort im Feld (oder in der Stadt) auch umsetzen kannst.
Einstellungen: F/11, 1/8 Sekunde, ISO64, EV-1,00 | Ausrüstung: Nikon D850 + Nikkor 16-35mm + Polfilter + Stativ
Objektive
An Objektiven kannst du deine ganz normalen, schon vorhandenen Linsen nehmen. Ideal wäre die Möglichkeit einen Filter vorn anschrauben zu können. In den meisten Fällen einen Polfilter und bei ganz langen Belichtungszeiten auch durchgehende neutrale Graufilter. Da du bei diesen Zeiten nicht mehr aus der Hand fotografieren kannst, ist ein stabiles Stativ selbstverständlich und ein Fernauslöser ratsam. Mit ihm und der Spiegelvorauslösung (im Fall du benutzt eine DSLR) vermeidest du Verwacklungen und Unschärfe bei den langen Belichtungen.
Empfehlungen
Solltest du dir dennoch unsicher sein, was die Ausrüstung betrifft, dann schau einfach mal in meine Artikel über die beste Kamera für Landschaftsfotografie, Objektive für Landschafsfotografie und meine persönlichen Ausrüstungsempfehlungen.
🔎 Tipp: Mit sehr dunklen Graufiltern in Kombination mit einem Polfilter kannst du die Belichtungszeit exponentiell steigern. Das heißt, du kannst auch tagsüber Belichtungszeiten von über 30 Sekunden und mehr erreichen. Und damit natürlich auch sehr spezielle Effekte und Looks kreieren. Achte nur darauf, das zu viele Filter, je nach Brennweite, das Bild vor dem Objektiv vignettieren könnten.
Kameraeinstellungen
Ich habe mir die Mühe gemacht, die exakten Kameraeinstellungen und die verwendete Ausrüstung unter jedem Bild hier im Beitrag aufzuführen. Ich hoffe das hilft dir beim Lernen und Nachvollziehen der Ergebnisse. Stichwort: „Sag mal Einstellungen Digger.“ Mir hat das ganz am Anfang meines eigenen Lernprozesses immer sehr gefallen, wenn ich das bei den Profis an deren Beispielen sehen und lernen konnte.
Standard Einstellungen mit minimalen Anpassungen
Und wie du siehst sind bei vielen der Bilder die Kamera Einstellungen bei der Landschaftsfotografie relativ ähnlich. Meistens Blende F/8 bis F/11 im A-Modus der Kamera. Dazu Anpassungen der ISO Empfindlichkeit an das vorhandene Licht zwischen ISO64 und ISO200 um die Verschlusszeit nach oben oder unten zu regeln. Je nachdem, ob du vom Stativ arbeitest oder aus der Hand fotografierst. Mehr ist bei gängigen Landschaftsaufnahmen kaum einzustellen. Darauf gehe ich aber einen weiteren Artikel demnächst tiefer ein.
Zusammenfassung – Landschaftsfotografie Tipps
Ich hoffe dieser Artikel gibt dir viele nützliche Tipps und Tricks für deine zukünftigen Landschaftsfotos an die Hand, inspiriert dich und hilft dir dabei, deine Landschaftsfotografie auf ein neues Level zu heben.
Der Beitrag zeigt Fotos aus meiner Anfangszeit in der Landschaftsfotografie von vor ca. 15 Jahren, einige Bilder die erst kürzlich entstanden sind und viele aus den Jahren mittendrin. Was will ich dir damit sagen? Das ist eine ganze Menge geballtes Wissen was ich mir über sehr viele Jahre angeeignet und auf unzähligen Fototouren nach und nach ausprobiert, trainiert und sukzessive verinnerlicht habe. Gut Ding will Weile haben. Wenn nicht alles sofort beim erstmal Mal so richtig funktioniert, lass dich nicht entmutigen und probiere es später nochmal. Bei mir hat auch nicht immer alles gleich so geklappt, wie ich mir das gedacht hatte.
Einstellungen: F/11, 4 Sekunden, ISO64 | Ausrüstung: Nikon D850 + Nikkor 16-35mm + Polfilter + Stativ
Solltest du irgendwas noch nicht richtig verstanden haben, oder ich habe irgendwo einen wichtigen Punkt vergessen, dann frage mich hier in den Kommentaren oder direkt über das Kontakt Formular. Ich habe selbst das meiste meines Wissens über die Fotografie aus Artikeln im Internet und von anderen Fotografen gelernt und möchte das hier über diese Seite gern an dich weitergeben, also frag ruhig!
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Solltest du noch andere Fragen oder Anmerkungen haben, kannst du gerne einen Kommentar hier lassen.
10 Tipps für kreative Landschaftsfotos
Ich bin Dave und seit über 20 Jahren leidenschaftlicher Landschaftsfotograf und Buchautor. Meine Erfahrungen und mein über die Jahre zusammengetragenes Wissen der Landschaftsfotografie gebe ich gern hier auf diesen Seiten in den Rubriken Tutorials, Ausrüstung und Reisen an dich weiter. Um zukünftig keinen dieser Beiträge mehr zu verpassen, kannst Du einfach meinen kostenlosen Newsletter abonnieren oder den ebenso kostenlosen RSS Feed benutzen. Eine kleine Auswahl meiner Landschaftsfotos findest du hier in der Galerie und auf meiner persönlichen Foto-Webseite.
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Hi Dave,
bei der Vorbereitung zu unserer 1. Schottland-Tour bin ich auf deine Seite gestoßen. Dieser Artikel spricht exakt alles an, was ich mir fotografisch vorgenommen habe. Die Umsetzung ist jetzt der Knackpunkt. Wenn ich es schaffe, deine vielen Tipps und Erklärungen „nur“ zur Hälfte umzusetzen, bin ich glücklich! Vielen Dank für diesen Artikel und dafür, dass du andere von deinem Wissen und Können profitieren lässt
Hallo Detlev,
vielen Dank für deinen netten Kommentar! 🙂
Das freut mich sehr, wenn dir der Artikel und die Tipps helfen und dich inspirieren!
Ich drücke dir die Daumen für die Schottland-Tour. ☀️
Beste Grüße und gut Licht,
Dave
Super Artikel, besten Dank.
wie verrechne ich im PS 3 Ebenen mit verschiedener Belichtung zu einem optimalen Bild?
Hallo Peter und vielen Dank für deinen Kommentar!
In Photoshop kannst du im Menü unter Datei -> Automatisieren -> Zu HDR Pro zusammenfügen oder alternativ auch Datei -> Automatisieren -> Photomerge benutzen.
Ich blende unterschiedliche Belichtungen allerdings lieber manuell. Dafür lege ich die Fotos als Ebenen übereinander und blende die sichtbaren Bereiche mit einem Pinsel auf den Ebenenmasken ein.
Falls du noch Fragen hast, schreib gern wieder.
Beste Grüße, Dave