Dieser Artikel erklärt dir die Planung und Durchführung eines erfolgreichen Fotoshootings zum Sonnenaufgang. Ich zeige dir, wie du Zeit und Richtung des Sonnenaufgangs schon im Vorfeld mit Hilfe von speziellen Tools ermittelst. Außerdem erfährst du, wie du einen Sonnenstern im Gegenlicht fotografieren kannst. Das alles erkläre ich dir am Beispiel einer Fototour in die Sächsische Schweiz.
„Ich fürchte, dass zukünftige Generationen uns hart verurteilen werden, weil wir es versäumt haben, Wildnis, Vielfalt, Freiraum, Spiritualität, Einsamkeit und andere Schätze der natürlichen Welt, die uns heute noch zur Verfügung stehen, den richtigen Stellenwert beizumessen. Mögen sie zumindest wissen, dass einige von uns es versucht haben.“
Guy Tal
Motivation und Idee
Anfang Juni habe ich relativ spontan beschlossen, einem sehr lang ersehnten Foto eine weitere Chance zu geben, endlich umgesetzt und realisiert zu werden. Der Knackpunkt ist, dass es nur ein Zeitfenster von ungefähr einem Monat pro Jahr gibt, um dieses Foto so in den Kasten zu bekommen.
In dem Bild, was ich bis dato nur als Vision im Kopf hatte, sollte sich die Sonne bei Sonnenaufgang direkt hinter dem Gipfel des Heringsteins befinden und das dazwischen liegende Tal mit sanftem morgendlichen Licht beleuchten. Im absoluten Idealfall, gäbe es noch einige mystische Nebelschwaden in den Wäldern am Boden.
Voraussetzungen
Die Voraussetzung damit das überhaupt geschehen kann und die Sonne und damit das Licht nicht von dicken Wolken verdeckt sind, ist natürlich ein klarer Horizont und die damit verbundenen Wetterbedingungen. Nur zwischen Ende Mai bis ungefähr Ende Juni ist die Sonne während des Sonnenaufgangs direkt hinter dem zerklüfteten Gipfel des Heringsteins und dem Zschand zu sehen.
Genau diese Konstellation der Elemente ist, zumindest meiner bescheidenden Meinung nach, ein wundervolles Arrangement, was sich wunderschön zu einer gelungenen und besonders Augen schmeichelnden Bildkomposition zusammen fügt und somit ein besonders interessantes Foto ergibt.
Planung
Tools und Apps
Wie mittlerweile bei den meisten meiner primär Fotografie motivierten Touren, habe ich diese Reise mit verschiedenen Apps, Karten und Tools wie z.B. The Photographers Ephemeris (Screenshot unten) geplant. Das in der Desktop Version kostenlose Programm, lässt sich hervorragend nutzen, um herauszufinden, wo genau sich die Sonne wann befindet. Du kannst für jedes beliebige Datum und jeden Ort auf der Erde nachsehen, wann dort die Sonne auf- bzw. untergeht.
🔎 Tipp: Mit dem Sonnenzeitstrahl Tool in Google Earth kannst du in bergigen Gebieten sogar relativ genau vorab checken, wann die Sonne hinter einem Bergkamm oder Gipfel hervorkommt.
Das Tool GPSies eignet sich super, um die entsprechende Wanderung dorthin zu planen. Ich empfehle aber immer auch eine Karte mitzunehmen. Das Mobiltelefon kann dir jederzeit runterfallen und kaputt gehen oder der Akku ist einfach unerwartet alle. Dann ist es immer besser eine „echte“ Karte dabei zu haben, anstatt sich zu verirren, weil du dich zu sehr auf irgendwelche Geräte verlassen hast.
Das Wetter
Bei meinen bisherigen Versuchen war entweder das Wetter am Ende suboptimal oder ich hatte keine Zeit oder Motivation, um praktisch nachts bzw. am ganz frühen Morgen, spätestens um 4:30 Uhr dort oben zu sein. Eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang ist bei Landschaftsfotografen eigentlich schon auf den letzten Drücker. Am besten ist, du bist schon eine Stunde vorher vor Ort. Das kommt natürlich auch drauf an, ob du den Ort schon kennst und dir bereits über die Bildkomposition im Klaren bist. In diesem Fall war es eh egal, da ich ja sowieso oben am Berg biwakiert habe.
Mein letzter Versuch das Foto zu bekommen, war vor etwa zwei Jahren, als ich mein Berg Biwak mitten in der Nacht wegen eines herannahenden Gewitters abbrechen musste. Im besagtem Zeitfenster habe ich auch dieses Jahr wieder die Vorhersage über Tage hinweg beobachtet. Am Freitag sah die Wettervorhersage für die nächsten zwei Tage stabil und vielversprechend genug aus, um mich selbst für einen weiteren ernsthaften Versuch zu motivieren.
Vorfreude und Erwartungen
Ehrlich gesagt, hatte ich nicht so wirklich viel Erwartungen, dass die perfekten Umstände und vorhergesagten Wetterbedingungen auch tatsächlich eintreffen würden. Die Erfahrung aus vielen vergangenen Touren und gescheiterten Versuchen belehren mich eines besseren. Ich habe zwar darauf gehofft, das genaue Bild, was ich im Kopf hatte, realisieren zu können, aber ich habe mich auch einfach riesig auf das Naturerlebnis an sich gefreut! Endlich mal wieder raus aus der lauten und stickigen Stadt und einfach durch die Berge stromern, die Wälder, Aussichten und die frische Luft bewusst genießen. Wenn dann dabei noch ein paar schöne Landschaftsfotos rausspringen, umso besser.
Nichtsdestotrotz war die ganze Reise hauptsächlich um das Fotografieren zum Sonnenaufgang auf dem Heringstein geplant. Den Ort kannte ich ja schon genau, weil ich im Vorfeld schon oft dort war. Die Aussicht ist einfach grandios. Als ich das erste Mal dort war, hat mich der Anblick an die Berge im Film Avatar und die Pandora Berge erinnert, siehe erstes Bild weiter oben. Abgesehen vom Heringstein, wollte ich bei dieser Tour auch die Gegend ringsherum und einige andere Orte im Umkreis, die ich bis dahin noch nicht kannte, erkunden und quasi nebenbei schon neue Spots für bevorstehende Fotoreisen in die Region auskundschaften.
Die folgenden Bilder wurden alle mit meinem Handy, dem Samsung Galaxy S8 im Pro-Modus aufgenommen. Pro-Modus heißt hier unter anderem, dass die Kamera die Bilder im Raw Format speichert. Welche Vorteile das hat, kannst du im Artikel Raw vs. Jpg nachlesen.
Durchführung
Nach einem letzten Wettercheck, startete ich die Tour am frühen Nachmittag in Leipzig und fuhr mit dem Auto Richtung Dresden und dem Nationalpark Sächsische Schweiz. Glücklicherweise hatte ich keine Staus oder Umleitungen und war rechtzeitig da, so wie ich es geplant hatte. Auf dem Parkplatz in Schmilka angekommen, packte ich kurz alles Nötige zusammen und bin dann im Grunde sofort los gelaufen.
Gerade der Anfang dieser Wanderung ist eine sehr schweißtreibende und anstrengende Angelegenheit. Ganz besonders mit meinem schweren Wanderrucksack mit der gesamten Fotoausrüstung in meiner ICU (Nikon D810, 14-24mm, 24-120mm, Stativ, Filter, Batterien, Fernbedienung usw.) und natürlich dem nötigen Essen, ausreichend Trinken, zusätzliche Kleidung, Campingausrüstung und was nicht noch alles nötig ist, um eine Nacht sicher in den Bergen zu verbringen.
Wandern, Fotografieren und Natur genießen
Aber allen Anstrengungen zum Trotz, spürte ich auch dieses Mal wieder, schon kurz nachdem ich im Wald angekommen und eingetaucht war, wie der ganze Stress des Alltags langsam abfiel und ich in der Natur und im Augenblick ankam. Wie unglaublich schön und ruhig es „da draußen“ sein kann, ganz im Gegensatz zum Leben in der Stadt – einfach herrlich!
Als die ersten sehr steilen Abschnitte überwunden waren und ich beim Wandern relaxen konnte, genoss ich die Natur umso mehr. Der Wald und seine natürlichen Geräusche waren einfach wunderbar. Besonders ohne den ganzen störenden Zivilisationslärm, den ich anscheinend mehr höre und der mich wesentlich mehr stört, als viele Andere.
Als ich oben auf dem Plateau ankam, führte mich mein erster Weg zum Ort meines geplanten Biwaks, wo ich auch die Nacht verbringen wollte. Er ist etwas versteckt und abseits des Weges. Normale Wanderer verirren sich dahin eher selten. Und wie ich gehofft hatte, war außer mir niemand da und alles sah aus wie in meiner Erinnerung. Beruhigt setzte ich meine Wanderung zu einem etwa 40 Minuten entfernten Aussichtspunkt fort. Dort wollte ich den Sonnenuntergang fotografieren.
Unterwegs genoss ich einige wirklich schöne, Augen öffnende Aussichten und kam an einigen interessanten Stellen vorbei, an denen der Wald wie nach einer Art Saunaaufguss roch. Ein natürlicheres Wellnessprogramm zum Entspannen an der frischer Luft und mit viel Bewegung kann es kaum geben! Das Erlebnis war wirklich fantastisch und ich genoss diesen natürlichen Waldduft und die Landschaft auf dem Weg wirklich sehr.
Sonnenuntergang
Als ich an meinem Sonnenuntergangs Spot ankam, waren da noch ein paar andere Leute. Natürlich saßen sie direkt in meiner bevorzugten Bildkomposition, quasi direkt vor der Kamera. Ich habe dann ca. eine Stunde oder so, bis zum Beginn der goldenen Stunde und des Sonnenuntergangs gewartet, entschied mich dann letztendlich für eine andere Komposition. Diese Leute wollten anscheinen ebenso den Sonnenuntergang und sie Aussicht genießen.
Das ist natürlich vollkommen in Ordnung, aber für mich eben foto-technisch nur ein Kompromiss und nicht das, was ich wirklich wollte. Man kann eben nicht alles haben. An solchen bekannten Locations kann man nicht davon ausgehen, alleine dort zu sein. Vor allem nicht bei solchen Wetterbedingungen. Am Ende ist man als Fotograf ja auch nur ein Tourist in der Natur, wie alle anderen Touristen, die es „einfach so“ genießen. Zumindest war diesmal das Wetter wie erwartet.
Biwak
Nach Sonnenuntergang, zu Beginn der blauen Stunde, machte ich mich auf den Weg zurück zu meinem Biwakplatz für die Nacht. Ich hatte ein wenig Bedenken, dass bis dahin vielleicht doch auch andere Leute da sein würden, aber zum Glück war ich wieder allein dort. Das Bild zeigt meinem kleinen Campingplatz direkt am Sonnenaufgangs-Spot. Als alles eingerichtet und vorbereitet war, plauderte ich ein wenig mit meiner Freundin am Telefon und versuchte dann, ein wenig zu schlafen.
Die Nacht war unglaublich ruhig und friedlich. Es gab absolut keine Geräusche, keine Vögel, keinen Wind, nichts. Von Zeit zu Zeit hörte ich ein paar andere Camper in der Ferne, das war alles. Ein ganz besonderes Erlebnis, die ganze Nacht allein und im Dunkeln unter dem Sternenhimmel auf dem Berg zu verbringen.
Einfach auf dem Boden zu liegen, ohne jeglichen Schutz um sich herum, wie ein Zelt, ein Auto, eine Wohnung oder ein Haus, ist ja für die meisten von uns recht ungewohnt. Dementsprechend habe ich auch nicht wirklich geschlafen.
Zweimal flog eine Fledermaus sehr eng über mich hinweg und ich hatte zwei Besuche von gruselig aussehendem Krabbelgetier auf meiner ISO Matte. Das Ende der „Nacht“ war gegen 4 Uhr am Morgen, als ich unerwartet einige Stimmen aus dem dunklen Wald genau auf mich zukommen hörte. Zuerst war mir ein wenig Bange und ich hatte etwas Angst, aber dann sah ich, dass die drei großen Männer auch Fotografen waren. Wir hatten ein nettes Gespräch und begannen dann alle, unsere jeweilige Kameraausrüstung für den Sonnenaufgang vorzubereiten.
Sonnenaufgang
Als die Sonne gegen 5 Uhr morgens den Horizont streifte, war ich vorbereitet und an der richtigen Stelle. Genau wie ich es geplant hatte. Glücklicherweise gab es dieses Mal kein nächtliches Gewitter, keine Wolken am Horizont und keinen dicken Nebel, der aus dem Tal aufstieg und die Sicht blockiert hat.
Kleiner Exkurs: Ich bin auch schon so früh am Morgen die endlosen Treppen zum Gipfel des Kl. Winterbergs hoch gestiegen für den Sonnenaufgang, nur um dort nichts als dicken Nebel und kaum die Hand vor Augen zu sehen und eben nicht die gewünschte sagenhafte Aussicht mit dem Tal und Bergen, die ich mir erhofft hatte. Die ganze Anstrengung war quasi umsonst und ich bin ohne ein einziges Foto von diesem Trip zurück gekehrt. Nach ein paar Versuchen hat es dann aber auch fotografisch mit der Aussicht vom Winterberg geklappt. Das Bild habe ich ganz unten mit eingefügt.
Nach Erfahrungen wie diesen war ich diesmal mit den Bedingungen am Heringstein natürlich sehr zufrieden und begann nach kurzem Genießen, mehrere Bildkompositionen und Belichtungsreihen sowie einige Einzelbilder mit geschlossener Blende für den Sonnenstern zu fotografieren. Die unterschiedlichen Belichtungen werden dann später zu einem finalen Bild manuell zusammen geblendet. Klingt erstmal ein wenig kompliziert, ist es aber nicht. Wie das genau funktioniert habe ich meinen Artikel 10 Tipps für kreative Landschaftsfotos ausführlich beschrieben.
Fazit
Im Rückblick auf diese Foto Tour lief einfach alles fantastisch. Von der Vorbereitung der Reise über die Ausführung bis hin zu den Wetterbedingungen bei Sonnenuntergang, die unglaubliche Ruhe in der Nacht und natürlich dem fantastischem Sonnenaufgang. Die Summe dieser tollen Erfahrungen und das Wissen, tolle Bilder mit nach hause zu nehmen, haben mich mit einem Lächeln im Gesicht den Berg hinunter und zurück zum Auto gehen lassen. Nach einigen erfolglosen Versuchen war ich nun endlich in der Lage gewesen, das Foto zu erstellen, was mir schon seit so langer Zeit im Kopf herumgeschwirrt war. Bam!
Die finalen Bilder
Einstellungen: F/11, 1/25 Sekunde, ISO100 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 14-24mm + Polfilter + Stativ
Einstellungen: F/11, 1/25 Sekunden, ISO100 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 14-24mm + Polfilter + Stativ
Einstellungen: F/11, 1/45 Sekunden, ISO200 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 14-24mm + Polfilter + Stativ
Einstellungen: F/11, 1/15 Sekunden, ISO64 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 14-24mm + Polfilter + Stativ
Als Ergänzung, die oben erwähnte Aussicht vom Kleinen Winterberg.
Einstellungen: F/11, 1/8 Sekunden, ISO200 | Ausrüstung: Nikon D810 + Nikkor 16-35mm + Polfilter + Stativ
5 Jahre Vorbereitung für ein Foto
Manche, teilweise wirklich großartige, Fotos macht man einfach so nebenbei auf einem Roadtrip, ohne viel Planung. Einfach weil man eben gerade zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist, die Kamera dabei hat und einfach den Auslöser drückt.
Andere Fotos – wie die hier beschriebenen – brauchen hingegen sehr viel Planung, Erfahrung mit den Sonnenständen und Jahreszeiten in der Region und Glück mit dem Wetter. Du musst den Ort überhaupt erst einmal kennen und brauchst zusätzliche Ortskenntnisse wie du dann dorthin gelangst, falls du ihn nicht selbst entdeckt hast. Gegebenenfalls brauchst du Outdoor Erfahrung und je nach Schwierigkeit natürlich auch die erforderliche Fitness. Und nicht zuletzt brauchst du auch die nötigen handwerklichen Fähigkeiten das Bild, was du im Kopf hast, dann auch so in einem Foto festhalten zu können. Sei es Fokus-Stacking, Exposure-Blending, eine extra Aufnahme für einen eventuellen Sonnenstern, eine Panorama-Reihe oder was auch immer. Das muss dann alles sitzen und funktionieren, wenn die Gegebenheiten vor Ort es verlangen.
Wenn man die Lernphasen der einzelnen Schritte bedenkt, können gut und gerne fünf Jahre Vorbereitung in so einem Foto stecken, bis es von der Vision im Kopf zu einem gedruckten Bild an der Wand kommen kann. Das vergessen leider viele in Zeiten von Instagram, Facebook und den ganzen anderen Foto Diensten und Co., wo man Bilder wie diese zu tausenden sieht und jedem Bild nur wenige Sekunden Beachtung geschenkt wird, bevor man weiter „swiped“ und sich nicht mal die Mühe macht, die Beschreibung zu lesen. Aber das ist ein anderes Thema und genug Stoff für einen eigenen Artikel.
Solltest du noch andere Fragen oder Anmerkungen haben, kannst du gerne einen Kommentar hier lassen.
Sonnenaufgang am Heringstein
Ich bin Dave und seit über 20 Jahren leidenschaftlicher Landschaftsfotograf und Buchautor. Meine Erfahrungen und mein über die Jahre zusammengetragenes Wissen der Landschaftsfotografie gebe ich gern hier auf diesen Seiten in den Rubriken Tutorials, Ausrüstung und Reisen an dich weiter. Um zukünftig keinen dieser Beiträge mehr zu verpassen, kannst Du einfach meinen kostenlosen Newsletter abonnieren oder den ebenso kostenlosen RSS Feed benutzen. Eine kleine Auswahl meiner Landschaftsfotos findest du hier in der Galerie und auf meiner persönlichen Foto-Webseite.
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